Referentenentwurf zur Weiterentwicklung der THG-Quote veröffentlicht

Am 19. Juni hat das Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit einen Referentenentwurf zur Weiterentwicklung der THG-Quote veröffentlicht. Damit wird ein Teil der Vorgaben der RED III (Erneuerbare Energien Richtlinie III, Richtlinie (EU) 2023/2413) in deutsches Recht umgesetzt. Die Anpassungen sollen zum 1. Januar 2026, also bereits im nächsten Jahr in Kraft treten.

Der Referentenentwurf würde zu einer Anpassung der §§ 37a ff. BImSchG, der 36. BImSchV, der 37. BImSchV, der 38. BImSchV sowie der Biokraft-NachV führen und stellt eine erhebliche Reformierung des Systems der THG-Quote dar. Ein entsprechendes Gesetz hätte erheblichen Einfluss auf die Biogasbranche sowie auf den Markthochlauf von Wasserstoff.

Während der Referentenentwurf starke Signale für einen ambitionierten Markthochlauf von Wasserstoff sendet, dürfte der Entwurf in der Biogasbranche gemischte Gefühle auslösen.

I. Überblick über das System der THG-Quote

Nach dem System der THG-Quote sind  Inverkehrbringer von fossilen Otto- und Dieselkraftstoffen verpflichtet, die hierdurch verursachten Treibhausgasemissionen durch einen stetig steigenden Prozentsatz zu verringern. Die Verringerung muss also gegenüber einem fossilen Referenzwert erfolgen, der sich aus der energetischen Menge in Verkehr gebrachter Otto- und Dieselkraftstoffe multipliziert mit einem gesetzlich geregelten Treibhausgaswert pro Energieeinheit für solche Kraftstoffe ergibt. Dies prozentuale Minderungspflicht beläuft sich nach § 37a Absatz 4 BImSchG ab dem Kalenderjahr 2026 auf 12,1 Prozent und ab dem Kalenderjahr 2030 25,1 Prozent für Otto- und Dieselkraftstoffe. Weitere Verschärfungen in darauffolgenden Jahren sind insofern aktuell nicht gesetzlich geregelt.

Die Verpflichtung zur Treibhausgasminderung kann nach § 37a Absatz 5 BImSchG insbesondere durch den Einsatz von Biokraftstoffen und – seit kurzem – durch erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs (RFNBOs), wie zum Beispiel „grünen“ Wasserstoff und dessen Folgeprodukte, sowie durch den Einsatz elektrischen Stroms in Straßenfahrzeugen erfüllt werden.

Darüber hinaus besteht eine Verpflichtung einen (energetischen) Mindestanteil fortschrittlicher Biokraftstoffe in Verkehr zu bringen (sog. Unterquote).

II. Änderungen im Hinblick auf den Anwendungsbereich der THG-Quote  

Während bislang im Verkehrssektor lediglich Otto- und Dieselkraftstoffe die Verpflichtung zur Treibhausgasminderung ausgelöst haben und den fossilen Referenzwert gebildet haben, sollen nach dem Referentenentwurf zukünftig auch Erdgas und gasförmige Kohlenwasserstoffe und Flüssiggase die Treibhausgasminderungspflicht auslösen. Weiterhin werden Flugturbinenkraftstoffe in das System einbezogen. Ausgenommen sind lediglich solche Flugturbinenkraftstoffe, die von Flugkraftstoffanbietern in Verkehr gebracht werden, die ausschließlich Flugturbinenkraftstoffe in Verkehr bringen – diese unterfallen nicht der THG-Quote, sondern einer eigenen separaten Verpflichtung. Die bisher ab 2026 vorgesehene gesonderte Minderungsquote für Flugturbinenkraftstoffe soll also entfallen, bevor sie in Kraft treten konnte.

Dadurch, dass auch diese Kraftstoffe berücksichtigt werden sollen, erhöht sich der zu vermindernde Referenzwert bzw. reduziert sich der aktuelle Anteil der bislang erreichten prozentualen Reduktion und schafft so tendenziell eine höhere Nachfrage nach THG-Quote.

Zudem entfallen bestimmte Biokraftstoffe als Erfüllungsoptionen (z.B. Biokraftstoffe aus Palm- oder Sojaöl).

Weiterhin ist eine neue, separate THG-Minderungspflicht für den Schiffsverkehr vorgesehen. Diese sorgt dafür, dass im Schiffsverkehr eingesetzte Erfüllungsoptionen nicht zur Erfüllung der THG-Minderungspflichten im Straßen- und Luftverkehr genutzt werden können, sondern nur zur Erfüllung der separaten Verpflichtung für den Schiffsverkehr. Bisher war es auch möglich, durch den Einsatz von Erfüllungsoptionen im Schiffsverkehr die „allgemeine THG-Quotenverpflichtung“ zu erfüllen.

III. Änderungen im Hinblick auf den Umfang der THG-Quote

Die THG-Minderungsquoten sollen sich nach dem Entwurf auch nach dem Jahr 2030 bis zum Jahr 2040 weiterhin substanziell erhöhen und im Jahr 2040 53 Prozent betragen. 

Eine Änderung, deren praktische Auswirkung noch kaum abgeschätzt werden kann, betrifft die Übererfüllung der THG-Minderungspflicht eines Verpflichtungsjahres. In den vergangenen Jahren wurden die Treibhausgasminderungspflichten stets stark übererfüllt und die Übererfüllung in die kommenden Verpflichtungsjahre übertragen.

Nach der geplanten Regelung sollen Übererfüllungen durch die Quotenverpflichteten ab Überschreiten einer bestimmten Grenze dazu führen, dass die Treibhausgasminderungspflichten aller darauf folgenden Verpflichtungsjahre steigen.

IV. Entfallen der Doppelanrechnung und Erhöhung der Unterquote

Einer der entscheidenden und überraschendsten Regelungen des Entwurfs betrifft das Entfallen der Doppelanrechnung für fortschrittliche Biokraftstoffe. Bisher war es möglich, fortschrittliche Biokraftstoffe ab Überschreiten der hierfür geltenden Unterquote mit dem Doppelten ihres Energiegehalts auf die THG-Quote anzurechnen. Dies erhöhte ihren wirtschaftlichen Wert massiv. Diese Option soll nun entfallen. Begründet wird dies mit der offenbar hohen Marktverfügbarkeit fortschrittlicher Biokraftstoffe. Diese bedeute, dass keine weitere derart umfangreiche Förderung fortschrittlicher Biokraftstoffe mehr benötigt werde.

Leider verkennt diese Bewertung, dass der erfolgreiche Markthochlauf fortschrittlicher Biokraftstoffe auch deshalb möglich war, weil Projektierer und Finanzierer mit einem Fortbestehen der Doppelanrechnung bis 2030 kalkuliert haben. Fraglich ist weiter inwieweit die am Markt vorhandene Menge fortschrittlicher Biokraftstoffe tatsächlich korrekt deklariert wurden.

Indes könnte das Entfallen der Doppelanrechnung auch positive Effekte haben. Da die THG-Minderungspflichten bisher zu einem erheblichen Anteil unter Nutzung fortschrittlicher Biokraftstoffe erfüllt wurden, entfällt mit dem Wegfall der Doppelanrechnung auch ein erheblicher Teil des Angebots für Erfüllungsoptionen. Dies könnte zu einer Erholung der Quotenpreise beitragen. Hier ist auch zu bedenken, dass die wohl falsch deklarierten HVOs, die zum Marktpreisverfall der letzten Jahre beigetragen haben sollen, vornehmlich als fortschrittliche Biokraftstoffe deklariert waren.

Die Unterquote für fortschrittliche Biokraftstoffe wird wie folgt erhöht: Ab dem Jahr 2026 beträgt sie 2,0 Prozent (vorher 1 Prozent), ab dem Jahr 2028 2,5 Prozent (vorher 1,7 Prozent) und ab dem Jahr 2030 3 Prozent (vorher 2,6 Prozent) aller im Verkehrssektor eingesetzten Kraftstoffe..

V. Betrugsprävention

Um den Import falsch deklarierter Biokraftstoffe und die damit verbundenen Wettbewerbsverzerrungen zu unterbinden, ist vorgesehen, dass in Zukunft nur solche Biokraftstoffe als Erfüllungsoption genutzt werden können, an deren Erzeugungsort vor-Ort Kontrollen durch die zuständige Behörde ermöglicht werden.

Ob diese Maßnahme ausreichen wird, bleibt abzuwarten.

VI. Änderungen für Wasserstoff

Erneuerbare Kraftstoffe nicht-biogenen Ursprungs (sog. RFNBOs) wurden bislang privilegiert, da ihr Brennstoffwert zur Berechnung des erneuerbaren Anteils nach § 37a Abs. 4 Satz 3 BImSchG mit dem Faktor 3 multipliziert wurde. Durch den Änderungsvorschlag in § 3 Abs. 5 des Entwurfs zur 37. BImSchV wird diese Privilegierung eingeschränkt. Die Mehrfachanrechnung gilt zwar noch bis Ende des Jahres 2034, der Faktor wird danach aber jährlich um 0,5 reduziert, bis die Möglichkeit der Mehrfachabrechnung ab dem Verpflichtungsjahr 20238 vollständig entfällt. Eine Ausnahme gilt, wenn der jeweilige Kraftstoff in Luft- oder Wasserfahrzeugen eingesetzt wird. In diesem Fall wird er zusätzlich mit dem Faktor 1,5 multipliziert. Für die nächsten Jahre und insbesondere bis 2035 wird die Nutzung von RFNBOs in diesen Sektoren also noch stärker als bislang privilegiert.

Weiter soll eine Unterquote an RFNBOs festlegt werden. Diese startet im Jahr 2026 mit 0,1 Prozent der im Verkehrssektor eingesetzten Kraftstoffe und wird im Jahr 2028 bereits auf 0,5 Prozent verfünffacht. Die Verpflichtung steigt hier weiter stark und soll im Kalenderjahr 2040 12 Prozent betragen.

In Anbetracht der aktuell verfügbaren Kapazitäten zur Erzeugung grünen Wasserstoffs ist diese Zielsetzung durchaus ambitioniert und dürfte die Nachfrage ankurbeln.

VII. Import von RFFNBO und Biomethan aus Mitgliedsstaaten Drittstaaten

RFNBO und Biomethan aus Mitgliedsstaaten sollen über das Gasverbundnetz der EU unter Nutzung eines Massenbilanzsystems nach Deutschland importiert werden können. Dies war für Biomethan zuletzt auch nach Ansicht der Biokraftstoffquotenstelle möglich, allerdings noch nicht ausdrücklich gesetzlich festgelegt. Der Import aus Drittstaaten ist nur bei physischer Anbindung an das Gasverbundnetz und vorheriger Zustimmung der zuständigen Behörde möglich.

VIII. Änderungen für Ladestrom

Der Faktor 3 für Ladestrom für die Anrechnung auf THG-Quote wird ab 2032 vergleichbar mit der Regelung für RNFBO stufenweise reduziert.

Eine weitere für die Speicherbranche relevante Änderung ergibt sich aus der Regelung, dass auch erneuerbarer Strom, der zwischengespeichert wurde, als ausschließlich erneuerbarer Ladestrom gilt und damit von besonders guten THG-Werten profitiert.

IX. Umsetzung der ReFuel-EU-Aviation Verordnung

Die Refuel-Aviation-Verordnung wird umgesetzt und verpflichtet ab 2026 zum Einsatz eines energetischen Mindestanteils nachhaltiger Flugkraftstoffe im Luftverkehr, der in 5-Jahreszeiträumen steigt. Ab 2030 gibt es eine Unterverpflichtung für den Einsatz eines Mindestanteils von RFNBO. Diese Verpflichtung gilt für sämtliche Flugkraftstoffanbieter. Zu den Nachhaltigen Flugkraftstoffen zählen auch RFNBO und Biokraftstoffe. Die Pönale für das Verfehlen der Verpflichtung liegt für alle nachhaltigen Flugkraftstoffe bei 4700 Euro pro Tonne, um die das Ziel verfehlt wird. Bei der Unterverpflichtung für RFNBO liegt die Pönale bei 17.000 Euro pro Tonne.