Nun ist es also so gekommen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 15. Juli 2025 entschieden (Az. EnVR 1/24), dass die Erhebung des Baukostenzuschusses nach dem Leistungspreismodell auf Batteriespeicher nicht rechtswidrig ist.
Die Pressemitteilung des BGH ist hier abrufbar.
Wir haben zu dem Verfahren bereits ausführlich berichtet. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweisen wir auf unsere bisherigen News zum Thema, siehe hier. Der Sachverhalt ist zudem in der Pressemitteilung des BGH sehr gut zusammengefasst.
Eine ausführliche Analyse der juristischen Aspekte der Begründung werden wir vornehmen, sobald der BGH die Entscheidungsgründe veröffentlicht. Der Zeitpunkt hierfür ist aktuell noch nicht bekannt. Die Pressemitteilung zum Beschluss lässt jedoch bereits einige Schlussfolgerungen zu und soll nicht unkommentiert bleiben:
Das Ergebnis ist ebenso klar wie für die Speicherbranche ernüchternd (wenn auch nach der mündlichen Verhandlung am 27. Mai 2025 nicht mehr überraschend):
Der Bundesgerichtshof hat den Beschluss des Beschwerdegerichts aufgehoben und die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf wurde also vollständig aufgehoben und die Beschwerde der Speicherbetreiberin gegen die Entscheidung der Bundesnetzagentur damit endgültig abgelehnt.
Inhaltlich steht nach der BGH-Entscheidung nunmehr fest: Die unterschiedslose Anwendung des Leistungspreismodells zur Erhebung von Baukostenzuschüssen auf Batteriespeicher ist nach dem insoweit entscheidenden Maßstab des § 17 Absatz 1 Satz 1 EnWG „nicht diskriminierend“.
Die zentrale Auswirkung auf die Praxis ist bereits ohne eine veröffentlichte Urteilsbegründung klar: (Vertraglich geschuldete) Baukostenzuschüsse, die auf Basis des Leistungspreismodells berechnet wurden, müssen grundsätzlich gezahlt werden und bereits gezahlte Beträge können nicht zurückverlangt werden.
Zumindest kann die Zahlung nicht mehr mit der Begründung verweigert werden, das Leistungspreismodell sei für die Berechnung der BKZ-Höhe unzulässig oder rechtlich umstritten. Daran wird nun trotz der enormen Kosten für die Speicherbetreiber kein Weg vorbeiführen. Nicht wenige Projekte dürften hieran scheitern.
Auf viele weitere Fragen gibt die Pressemitteilung hingegen noch keine Antworten. Sie werden möglicherweise durch die Entscheidungsbegründung beantwortet – möglicherweise sind hierfür aber auch noch weitere Verfahren nötig:
Zu einigen dieser offenen Fragen haben wir kürzlich einen Aufsatz verfasst, welcher hier abgerufen werden kann.
Da die Pressemitteilung nur eine wesentlich gekürzte Form des Urteils darstellt, können aus deren Wortlaut nur eingeschränkt Aussagen zu den rechtlichen Details der noch nicht veröffentlichten Urteilsbegründung abgeleitet werden.
Ein paar Schlussfolgerungen können wir daraus dennoch bereits jetzt ziehen, wobei wir nicht alle, sondern nur einzelne Aspekte herausgreifen und – nicht nur aus rechtlicher Perspektive – einordnen möchten:
Der Pressemitteilung kann entnommen werden, dass der BGH seine grundlegende Einordnung von Speichern, die er zuletzt ja schon einmal vorgenommen hat (Az. EnVR 17/22, – auch dazu berichteten wir), mit der vorliegenden Entscheidung abschließend zementieren wird: Speicher sind (grundsätzlich) als Erzeuger und Verbraucher anzusehen.
Zwar scheint der BGH erkannt zu haben, dass mit dieser Einordnung irgendwas nicht stimmt und ein Speicher eben doch etwas anderes ist als ein Verbraucher. So heißt es in der Pressemitteilung:
Zwar unterscheiden sich Batteriespeicher von anderen Letztverbrauchern dadurch, dass sie den aus dem Verteilernetz entnommenen Strom nicht verbrauchen, sondern zeitversetzt wieder einspeisen.
Speicher sind demnach also andere Letztverbraucher, obwohl sie den entnommenen Strom gar nicht wirklich verbrauchen… Wir freuen uns auf die Lektüre der Urteilsgründe!
Die immerhin erkannten funktionalen Unterschiede zwischen Speichern und „anderen Letztverbrauchern“ reichen dem BGH sodann nicht aus, um in der Gleichbehandlung eine Diskriminierung zu erkennen. Die Gleichbehandlung von netzgekoppelten Batteriespeichern und „anderen Letztverbrauchern“ sei „nach dem Sinn und Zweck des Baukostenzuschusses objektiv gerechtfertigt“.
Unsere Einschätzung:
Es bleibt also dabei, dass Speichern keine eigenständige Rolle im Energiesystem zuerkannt wird. Solange dies der Fall ist, werden auch weiterhin Regelungen auf Speicher angewendet werden, die aus einem Energiesystem der Vergangenheit stammen und deren Anwendung auf Speicher nicht sachgerecht ist. Der BGH hat die letzte Chance vertan, die ebenso besonderen wie wichtigen systemischen Fähigkeiten von Speichern für unsere heutiges Energiesystem anzuerkennen. Der Gesetzgeber ist gefragt.
Der BGH betont, dass Batteriespeicher nicht per se eine netzdienliche Wirkung auf das Netz hätten, an das sie angeschlossen werden und in dem der Baukostenzuschuss gezahlt wird.
Unter welchen Bedingungen aber ein Speicher netzdienlich ist, könnten nach dem BGH allein die Netzbetreiber vor Ort beurteilen, weshalb es im Spielraum eines jeden Netzbetreibers liege, entsprechende Anreize für Batteriespeicher zu setzen.
Unsere Einschätzung:
Das hat natürlich bis jetzt nicht funktioniert und wird auch zukünftig nicht funktionieren: 800 verschiedene Anforderungen an netzdienliche Speicher, die dann weniger oder sogar keinen BKZ zahlen sollen, sind nun mal das Gegenteil jeglicher Investitionssicherheit und vielmehr ein Musterbeispiel für Ineffizienz.
Darüber hinaus ist es auch als höchstproblematisch anzusehen, dass der BGH wohl auch der Bundesnetzagentur bei der Erstellung ihrer Positionspapiere einen entsprechenden Spielraum zugestehen möchte. Eine – demokratisch nicht legitimierte – Agentur, die nun auch noch Spielräume erhält, die der gerichtlichen Kontrolle entzogen werden. Das liegt zu unserer Überzeugung nicht im Interesse der Akteure der Energiewende, aber auch nicht im Interesse der gesamten Energiewirtschaft.
Aus unserer Sicht auffällig ist der letzte Passus der Pressemitteilung:
„Aus den Vorschriften des Unionsrechts lässt sich daher nicht unmittelbar ableiten, dass für den Netzanschluss von Speicheranlagen keine Baukostenzuschüsse erhoben werden dürfen, zumal der Gesetzgeber diese sowohl durch ihre Freistellung von Netzentgelten als auch steuerlich bereits in vielfacher Hinsicht privilegiert und fördert. Würde man Batteriespeicher darüber hinaus auch von Baukostenzuschüssen freistellen oder diese rabattieren, müssten die Anschlusskosten auf die Netzentgelte umgelegt und damit von der Gemeinschaft der Letztverbraucher getragen werden, während die wirtschaftliche Nutzung der Speicher, etwa durch Ausnutzung der Preisschwankungen auf den Spotmärkten (Spreads), allein dem Betreiber der Speicheranlage zugutekäme.“
Unser – etwas längerer – Kommentar dazu:
Dieser – durchaus überflüssige – Passus der Pressemitteilung ist bemerkenswert, weil hier politische Ansichten (und teilweise faktisch unzutreffende Annahmen) durchklingen: Dem Passus kann eine Auffassung des BGH entnommen werden, dass Speicher schon mannigfaltig „privilegiert“ bzw. „gefördert“ würden und ausschließlich der betriebswirtschaftlichen Optimierung der Betreiber dienten.
Das können wir nicht unwidersprochen stehen lassen:
Mit den in der Pressemitteilung vage angesprochenen „Freistellungen“ und „Förderungen“ dürften wohl die Regelungen in § 118 Absatz 6 EnWG (Netzentgeltbefreiung), im EnFG (Saldierung von Abgaben und Umlagen) und § 5 Absatz 4 StromStG (Stromsteuerbefreiung) gemeint sein. Es ist insoweit zumindest teilweise zu bestreiten, dass es sich dabei um Fördertatbestände handelt. Vielmehr werden damit Doppelbelastungen vermieden, also gerade eine Gleichstellung mit anderen Erzeugern/Verbrauchern bewirkt. Insofern sind wir sehr gespannt, inwiefern sich der BGH in der Begründung mit dieser Frage auseinandergesetzt hat, oder ob hier letztlich eher zur Zeit recht populäre „politische Parolen“ aufgegriffen worden sind.
Schwerer wiegt unseres Erachtens aber noch, dass diese Aussage – jedenfalls in der hier gewählten „Plattheit“ – den systemischen Nutzen von Speichern, auch „Gemeinwohleffekte“ genannt, völlig außer Acht lässt. Denn – wie auch aktuelle Studien belegen, siehe hier – leisten Speicher – anders als andere, nicht steuerbare Verbraucher – selbst bei rein strompreisorientierter Fahrweise – einen wichtigen systemischen Beitrag zur Flexibilisierung der Stromnetze und führen insgesamt zu einer Senkung der Netzkosten. Insgesamt profitiert das Stromsystem trotz bestehender Fehlanreize und fehlender Anreize für netzdienliches Verhalten also bereits jetzt vom Einsatz der Speicher.
Die börsliche Strompreisentwicklung mag bezogen auf die in jedem Einzelprojekt konkret betroffenen Einzelnetze nicht immer kongruent zu dem netztechnischen Bedarf vor Ort sein. Aber in einer solchen Allgemeingültigkeit – Speicherbetreiber optimieren sich individuell „gegen“ das Gesamtsystem, obwohl sie ja schon durch ganz viele Regelungen „privilegiert“ und „gefördert“ würden – wirkt die Aussage in der Gesamtschau fast schon populistisch. Ein solcher Zungenschlag und eine solch undifferenziert-wertende Darstellung steht einer BGH-Pressemitteilung unseres Erachtens nicht gut zu Gesicht. Es bleibt zu hoffen, dass sich der BGH zumindest in der Urteilsbegründung vertieft und differenziert mit diesen Fragen befasst hat.
Folgt der BGH einer aktuellen Tendenz in Politik und Gesellschaft?
Ähnliche Klänge vernimmt man in der aktuellen Debatte allerdings häufiger, etwa wenn es z.B. um den Betrieb von Solaranlagen oder Windenergieanlagen geht, während deren Betreiber letztendlich für die einigermaßen positive Bilanz bei der Erfüllung von Deutschlands Klimavorgaben im Stromsektor verantwortlich zeichnen und man sich im Energiebereich sehr grundsätzlich und erfolgreich – etwa im EEG – eben gerade für die Nutzbarmachung privatwirtschaftlicher Initiative unter Marktbedingungen entschieden hat. Dies nun den Betreibern entsprechender Anlagen fortwährend mehr oder weniger ausdrücklich und moralisch überprägt „zum Vorwurf zu machen“, wie es in der Debatte um die Energiewende zunehmend en vogue geworden ist, wirkt gerade im Lichte des Erstarkens populistischer Diskussionsbeitrages im öffentlichen Raum zunehmend fehl am Platze.
Nicht zuletzt stößt eine solche Darstellung auch deshalb bitter auf, weil viele Speicherbetreiber sich intensiv darum bemühen, mit den Netzbetreibern vor Ort über netztechnisch sinnvolle Betriebsweisen, flexible Netzanschlussvereinbarungen und andere Modelle im beidseitigen Interesse ins Gespräch zu kommen – und hieran in der Praxis nicht selten daran scheitern, dass bei den betroffenen Netzbetreibern keine Kapazitäten oder auch schlicht kein Interesse an solchen kooperativen Ansätzen vorhanden sind.
Dies mag angesichts der aktuellen Bedingungen in den Stromnetzen noch nicht einmal überraschend sein. Die heute mehr als jemals zu Tage tretenden Folgen einer über Jahrzehnte politisch verschlafenen Netzertüchtigung nun aber ausgerechnet den Akteuren entgegenzuhalten, die mit ihren Anlagen hier für Abhilfe sorgen könnten (und ja, damit gerne auch Geld verdienen wollen, worauf sie – genau wie jeder andere privatwirtschaftliche Akteur in einem marktwirtschaftlichen System – angewiesen sind), scheint nahezu zynisch.