Neue BGH-Entscheidung: „Batteriespeicher sind Erzeugungsanlagen.“

Am 26. November 2024 entschied der Bundesgerichtshof (BGH) mit nun veröffentlichter Begründung (Az. EnVR 17/22), dass Batteriespeicher (auch) als „Erzeugungsanlagen“ einzustufen sind.

Zwar wurden Stromspeicher bereits bislang vereinzelt (auch) als „Erzeuger“ eingeordnet. Eine konsequente und einheitliche rechtliche Praxis gab es allerdings nicht. Der BGH setzt in dieser Angelegenheit nun einen Schlusspunkt.

Der Beschluss des BGH hat über den Anwendungsbereich der streitgegenständlichen Regelung in § 18 Abs. 1 Satz 1 Stromnetz-Entgeltverordnung (StromNEV) hinausgehende grundlegende Bedeutung – etwa hinsichtlich der Frage, ob groß dimensionierte Speicher nach den Regeln der Kraftwerksnetzanschlussverordnung (KraftNAV) an das Netz angeschlossen werden müssen.

I. Zur prozessualen Vorgeschichte

Dem Beschluss lag eine Auseinandersetzung zwischen dem Betreiber eines Batteriespeichers und einem Netzbetreiber zugrunde. Der Speicher diente der Erbringung von Primärregelleistung. Nach Ansicht des Betreibers bestand ein Anspruch auf Zahlung eines Entgelts für dezentrale Einspeisung nach § 18 Abs. 1 Satz 1 StromNEV.

Der Netzbetreiber sah dies anders. Er klagte wegen nicht gezahlter Umlagen gegen den Anlagenbetreiber, der wiederum mit der streitgegenständlichen Forderung nach der Zahlung wegen vermiedener Netzentgelte die Aufrechnung erklärte. Das Landgericht wies den Anspruch des Anlagenbetreibers zurück und stimmte dem Netzbetreiber zu. Der Anlagenbetreiber legte gegen das Urteil Berufung ein.

Parallel beantragte der Anlagenbetreiber bei der Bundesnetzagentur ein besonderes Missbrauchsverfahren nach § 31 Abs. 1 EnWG. In ihrem Beschluss (Az. BK8-20/10465-M1) stellte die Bundesnetzagentur fest, dass ein Anspruch nach § 18 Abs. 1 Satz 1 StromNEV bestehe und die Zahlungsverweigerung durch den Netzbetreiber missbräuchlich sei. Die Beschwerde des Netzbetreibers gegen diese Entscheidung blieb vor dem OLG Düsseldorf erfolglos. Gegen den Beschluss des OLG legte wiederum der Netzbetreiber Rechtsbeschwerde zum BGH ein. Das parallel laufende Zivilverfahren (wegen der Zahlung der Umlagen) wurde bis zum Abschluss des Missbrauchsverfahrens vor dem OLG Düsseldorf ausgesetzt.

Das OLG Düsseldorf hatte in seinem Beschluss noch entschieden, dass

„der Batteriespeicher der Antragstellerin nach Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Vorschrift“

keine Erzeugungsanlage sei. Allerdings sei § 18 Abs. 1 Satz 1 StromNEV analog anzuwenden,

„weil auch die Einspeisung der in einem Batteriespeicher (zwischen-)gespeicherten Energie in das allgemeine Versorgungsnetz in diesem Moment (punktuell) einen Bezug von elektrischer Energie aus vorgelagerten Netzebenen zu vermeiden helfe.“

Da auch die übrigen Voraussetzungen von § 18 Abs. 1 Satz 1 StromNEV als erfüllt angesehen wurden, wurde der Beschluss der Bundesnetzagentur im Ergebnis bestätigt.

II. Der Inhalt des Beschlusses

Der BGH hat nun entschieden, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Batteriespeicher um eine dezentrale Erzeugungsanlage im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 1 StromNEV handele. Eine analoge Anwendung der Norm sei nicht erforderlich.

Da die StromNEV (anders als die KraftNAV, dazu sogleich) selbst den Begriff der „Erzeugungsanlage“ nicht definiert, verweist der BGH auf die Legaldefinition im EnWG. Nach dem EnWG sind Erzeugungsanlagen „Anlagen zur Erzeugung elektrischer Energie“. Der BGH bezieht sich dabei u.a. auf seine frühere Rechtsprechung zu Pumpspeicherkraftwerken (EnVR 56/08) und betont die darin beschriebene „Doppelrolle von Speichern“: Bei der Umwandlung von Strom in das Speichermedium würden Speicher den eingespeicherten Strom zunächst verbrauchen. Bei der Rückumwandlung und Ausspeisung des Stroms würden die Speicher dann neuen Strom erzeugen. Bei der Rückumwandlung liege der Zweck „wie bei jeder ‘klassischen‘ Erzeugungsanlage darin, aus einem anderen Energieträger elektrische Energie (neu) zu gewinnen“ (Rn. 24).

Auch Sinn und Zweck der Norm sprechen nach dem BGH nicht gegen diese Einordnung: § 18 StromNEV solle die dezentrale Einspeisung von Strom fördern – und Speicher würden nun mal ebenfalls Strom in das Netz einspeisen. Eine saldierende Betrachtung, wie sie der Netzbetreiber vorgenommen hatte, sei nicht geboten. Für den Anwendungsbereich von § 18 StromNEV komme es ausschließlich auf die Netzeinspeisung an.

Ferner spreche auch die Entstehungsgeschichte nicht gegen die Einordnung als Erzeugungsanlagen: Dass Speicher bei Einführung der StromNEV im Jahr 2005 möglicherweise noch nicht mitgedacht wurden, bedeute nicht, dass sie ausgeschlossen seien. Der BGH führt aus:

„§ 18 StromNEV gilt nicht nur für Typen von Erzeugungsanlagen, die es bei Erlass der Vorschrift im Jahr 2005 bereits gab oder die sogar schon in nennenswertem Umfang am Netz waren, sondern auch für neu entwickelte Typen von Erzeugungsanlagen, soweit ihre Funktionsweise dem Sinn und Zweck des § 18 StromNEV nicht entgegensteht.“ (Rn. 38)

Auch aus der Gesetzessystematik ergibt sich laut BGH keine abweichende Bewertung: Zwar würden Erzeugungsanlagen und Speicheranlagen in vielen Vorschriften des EnWG nebeneinander genannt – dies diene jedoch lediglich der Klarstellung und trage der Doppelfunktion von Speichern Rechnung.

Auch die Einführung und spätere Änderung der Definition der „Energiespeicheranlage“ in § 3 Nr. 15d EnWG spreche schließlich nicht gegen die Einordnung von Speichern als Erzeugungsanlagen. Die Definition diente laut BGH nicht der Abgrenzung zur Erzeugungsanlage. Eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dieser Thematik nahm der BGH allerdings nicht vor.

Im Weiteren setzt sich der BGH noch mit den übrigen Voraussetzungen des § 18 StromNEV auseinander, welche er auch für gegeben ansah. Auch diese Ausführungen sind grundsätzlich interessant, wir verzichten an dieser Stelle jedoch auf eine vertiefte Betrachtung.

III. Bewertung und Fazit

Die rechtliche Einordnung von Speichern als „Letztverbraucher“ und „Erzeugungsanlage“ ist und bleibt der Speicherbranche ein Dorn im Auge, da sie den technischen und systemischen Eigenschaften und Fähigkeiten von Batteriespeichern nicht gerecht wird. Speicher sind etwas anderes und sollten sachgerechter Weise weder mit Erzeugungsanlagen noch mit Letztverbrauchern „in einen Topf geworfen“ werden. Solange es in unserem Energierecht zu den allermeisten Themen jedoch an speicherspezifischen Regelungen fehlt, müssen Speicher mit den Krücken „Letztverbraucher“ und „Erzeugungsanlage“ leben.

Die jetzt durch den BGH bestätigte Einordnung von netzgekoppelten Batteriespeichern als Erzeugungsanlagen kann sich dabei letztlich positiv auf eine Vielzahl von derzeit in der Entwicklung befindlichen Großbatteriespeicherprojekten auswirken.

Denn für den Anschluss von „Erzeugungsanlagen“ mit einer Leistung ab 100 MW an das Hoch- und Höchstspannungsnetz (ab 110 kV) gilt die KraftNAV. Bislang wird die Anwendbarkeit der KraftNAV auf Batteriespeicher zum Teil von Übertragungsnetzbetreibern mit der Begründung abgelehnt, dass Speicher keine „Erzeugungsanlagen“ seien. Diese Rechtsauffassung dürfte nach der eindeutigen Positionierung des BGH nunmehr aber kaum noch „zu halten“ sein. Denn schließlich entspricht die Definition der Erzeugungsanlage in § 1 Abs. 1 KraftNAV exakt der vom BGH in seinem Beschluss ausgelegten Definition in § 3 Nr. 18d EnWG: „Anlage zur Erzeugung von elektrischer Energie“.

Zwar ist das Netzanschlussverfahren der KraftNAV für Betreiber von Anlagen aufwändiger und es fällt ein Reservierungsentgelt an, jedoch – und das fällt wirtschaftlich ganz erheblich ins Gewicht – ordnet § 8 Abs. 3 KraftNAV explizit an, dass kein Baukostenzuschuss erhoben wird. Entwickler derartiger Projekte können sich nunmehr mit Aussicht auf Erfolg auf den BGH-Beschluss berufen, wenn sie einen Netzbetreiber von der Anwendbarkeit der KraftNAV überzeugen wollen.

Apropos, da war doch was… Genau: Nach dem BGH ist vor dem BGH. Denn schon in Kürze, nämlich am 27. Mai 2025, wird der BGH allgemein zur Frage verhandeln, ob beim Anschluss von Batteriespeichern dieselben Baukostenzuschüsse verlangt werden dürfen wie beim Anschluss von Letztverbrauchern.

Es bleibt also spannend. Wir werden berichten.