- Die Lektüre des unlängst veröffentlichten Informationspapiers der Generalzolldirektion zur Stromsteuerbefreiung nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 und Nummer 3 StromStG bringt viel Neues und einige Überraschungen. Leider – wie so oft – stellen sich weitere Fragen mit jeder Antwort, die die Generalzolldirektion bietet. Aber ein klein wenig Licht am Ende des Tunnels zeichnet sich dennoch für viele Anlagenbetreiber ab.
Update Mai 2017:
Zudem hat die Generalzolldirektion im Mai 2017 eine E-Mail mit weiteren Konkretisierungen für die Hauptzollämter versendet, die ein erfreuliche Aussage für Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen enthält.
Allgemeine Hinweise
Zu Beginn des Papiers bestätigt die Generalzolldirektion, dass die Stromsteuerbefreiung eine Art Zwangsbeglückung ist. Ein Verzicht auf die Stromsteuerbefreiung ist nicht möglich: Liegen die Voraussetzungen vor, dann ist der Strom von der Stromsteuer befreit. Der Nachweis obliegt demjenigen, der den Strom zur Versteuerung anmelden muss. Die Anmeldung ist jedoch nur insoweit verpflichtend als auch tatsächlich Strommengen versteuert werden müssten.
Dies bringt zwar Klarheit in die derzeit laufenden Rückabwicklungsprozesse der Betreiber einer Erneuerbare-Energien-Anlage im Hinblick auf das Doppelförderungsverbot. Gleichzeitig bedeutet es aber auch, dass sich der Anlagenbetreiber nun zwangsläufig mit seinem Netzbetreiber über stromsteuerrechtliche Fragen auseinandersetzen muss. Zudem müssen gegebenenfalls mühsam über den Stromversorger eingeleitete Rückabwicklungen für das Jahr 2016 wieder rückgängig gemacht werden, da sich die Stromversorger auf das Informationspapier berufen und eine Ver-zichtserklärung auf die Stromsteuerbefreiung ablehnen werden.
Mit der weiteren Klarstellung in der im Mai 2017 versendeten E-Mail ermöglicht die Generalzolldirektion allerdings mittels eines juristischen Kunstgriffs, dennoch indirekt einen Verzicht auf die Stromsteuerbefreiung nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 StromStG.
Die Generalzolldirektion ergänzt in der E-Mail ihr Informationspapier vom Februar 2017 um folgende wichtige Anweisung:
Der BMF-Erlass vom 30. November 2001 – III A 1 - V 4250 - 27/01 (Steuerbefreiung für Strom aus erneuerbaren Energieträgern), wonach ein geringer Bezug von Graustrom ent-gegen dem Wortlaut („ausschließlich“) als unschädlich gelte, solle den Anlagenbetreiber begünstigen. Er soll daher nicht anzuwenden sein, wenn dem Anlagenbetreiber dadurch Nachteile entstehen.
Dies sei aufgrund des Doppelförderungsverbotes der Fall. Für die Anlagenbetreiber, die ihren EE-Strom kaufmännisch-bilanziell einspeisen würden, sei es – so die Generalzolldirek-tion – ab dem 1. Januar 2016 günstiger, nicht von der Stromsteuer befreit zu sein, da ihnen somit die Möglichkeit bleibe, Entlastungsanträge nach §§ 9b und 10 StromStG zu stellen.
Fließe daher in die Kundenanlage des Anlagenbetreibers auch nur eine geringe Menge an Graustrom, entfalle in diesen Fällen eine Befreiung nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 StromStG ab dem 1. Januar 2016 (!).
Weitere Hinweise § 9 Abs. 1 Nummer 1 StromStG
In dem Informationspapier stellt die Generalzolldirektion klar, dass es für die Stromsteuerbefreiung nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 Stromsteuergesetz (StromStG) darauf ankäme, dass es sich bei dem eingesetzten Energieträger tatsächlich um erneuerbare Energieträger handele. Lediglich bilanziell eingesetztes Biomethan würde nicht ausreichen, wenn tatsächlich konventionelles Erdgas eingesetzt würde. Dies erstaunt, gilt doch aus dem Erdgasnetz bilanziell entnommenes Bio-methan im Energiewirtschaftsrecht, im Erneuerbare-Energien-Gesetz, im Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz und bei der im Immissionsschutzrecht geregelten Erfüllung der Treibhausgas-minderungspflichten im Verkehrssektor als Biomasse. Es erscheint kaum nachvollziehbar, warum nun ausgerechnet bei der Stromsteuerbefreiung für Strom aus erneuerbaren Energien etwas anderes gelten soll.
Weiterhin bestätigt die Generalzolldirektion in dem Informationspapier die bisherige Verwal-tungspraxis basierend auf dem BMF-Erlass vom 30. November 2001 – III A 1 - V 4250 - 27/01, wonach ein Vermischen des Ökostroms mit Graustrom im Eigennetz grundsätzlich möglich sei. Sei das Ökostromnetz an das öffentliche Netz angeschlossen, weil der dort erzeugte Strom nicht immer ausreiche, um den Energiebedarf zu decken, sei dies im Hinblick auf das Kriterium der Ausschließlichkeit unschädlich, wenn die Vermischung mit Graustrom erst im Eigennetz statt-finde. Allerdings müsse es Zeiten geben, in denen der gesamte Energiebedarf ausschließlich aus erneuerbaren Energien gedeckt werde. Die Generalzolldirektion weist schließlich darauf hin, dass die Entnahme sowohl durch den Erzeuger als auch durch den Letztverbraucher erfolgen könne.
Allerdings zeigt der darauffolgende Exkurs der Generalzolldirektion, dass eine Stromsteuerbe-freiung nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 StromStG künftig nur noch in wenigen Ausnahmefällen vorliegen soll. Ein Vermischen mit Graustrom – seien es auch noch so geringe Mengen – solle nunmehr regelmäßig zum Ausschluss der Befreiung nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 StromStG führen.
Allerdings konkretisiert die Generalzolldirektion ihr Informationspapier an dieser Stelle dahingehend, dass eine Anwendung des oben genannte BMF-Erlass vom 30. November 2001 nicht zwingend sei. Entstünden dem Anlagenbetreiber dadurch Nachteile erleide, könne von einer Anwendung abgesehen werden.
Die beträfe insbesondere Fälle der kaufmännisch-bilanziellen Einspeisung, bei denen die Steuerbefreiung nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 StromStG auf Grundlage des Doppelförderungsverbots in § 53c EEG 2017 auf die EEG-Förderung für Strom anzurechnen ist und dadurch keine Möglichkeit der Steuerentlastung nach den §§ 9b und 10 StromStG besteht.
Eigennetz und Versorgerstatus
Hintergrund der im Informationspapier folgenden Erläuterungen ist ein Urteil des Bundesfinanz-hofs vom 24. Februar 2016 (Az. VII R 7/15), welches festlegt, dass für stromsteuerrechtliche Zwecke von einem einzigen Versorgungsnetz auszugehen sei. Dieses könne nicht in verschiedene Teilnetze aufgespalten werden.
Daher gelte ab dem 1. April 2017 folgende Präzisierung, die die Vorgabe des Bundesfinanzhofs umsetzen soll: Das Netz gelte nicht mehr als Eigennetz, sondern insgesamt als stromsteuerrechtliches Versorgungsnetz, wenn sich innerhalb des Netzes ein Versorger befinde!
Dies sei bereits dann der Fall, wenn der Anlagenbetreiber den Strom kaufmännisch-bilanziell in das Netz der öffentlichen Versorgung einspeise und gelte selbst dann, wenn der Anlagenbetreiber den Strom physikalisch vollständig selbst verbrauche.
Zwar komme noch eine Ausnahme vom Versorgerstatus nach § 1a Absatz 5 StromStV in Betracht, mit der Folge, dass die Befreiung nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 StromStG trotz kaufmännisch-bilanzieller Einspeisung doch möglich sei. Sodann kommt es in dem Informationspapier jedoch zu einem klassischen und unter logischen Gesichtspunkten unzulässigen Zirkelschluss: Ob die Stromsteuerbefreiung greift, bestimme sich danach, ob der Anlagenbetreiber Versorger ist. Ob der Anlagenbetreiber Versorger ist, bestimme sich wiederum danach, ob die Stromsteuerbefreiung greift. Hintergrund ist, dass nach § 1a Absatz 5 StromStV Betreiber von Anlagen mit maximal 2 MW, die den Strom an Letztverbraucher liefern, nur dann Versorger sind, wenn der Strom nicht nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 StromStG von der Steuer befreit ist. Die Stromsteuerbefreiung nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 StromStG scheitert nach Ansicht der Generalzolldirektion allerdings bereits daran, dass der Anlagenbetreiber Versorger ist – was aber gerade von der Stromsteuerbefreiung abhängt. Ein klassisches „Henne- und Ei-Problem“.
In dem sodann folgenden Beispiel macht die Generalzolldirektion deutlich, in welchen Fällen ab dem 1. April 2017 eine Befreiung nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 StromStG gegeben sein soll.
Von § 9 Absatz 1 Nummer 1 StromStG erfasst seien dann neben der Entnahme von Strom zum Eigenverbrauch aus Anlagen mit weniger als 2 MW nur noch sog. Insellösungen, in denen weder eine mittelbare noch unmittelbare Verbindung zum öffentlichen Netz bestehe.
Hingegen sei der Anlagenbetreiber im Hinblick auf die in seinem Netz an den Letztverbraucher physikalisch geleisteten Strommengen Versorger, da er sich insoweit nicht mehr auf § 1a Absatz 5 StromStV berufen könne. Denn der Strom ist nach Ansicht der Generalzolldirektion ab dem 1. April 2017 nicht nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 StromStG befreit, sobald eine Verbindung mit dem öffentlichen Netz besteht und es sich daher um ein Versorgernetz handele (zu dem Zirkel-schluss siehe oben).
Ausweislich der Konkretisierung der Generalzolldirektion im Mai 2017 soll eine zwingende Stromsteuerbefreiung nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 StromStG nunmehr nur noch bei sog. „reinen Ökostromnetzen“ und „Insellösungen“, bei denen keine Verbindung zum öf-fentlichen Netz bestehe, in Betracht kommen. Diese Strommengen könnten nicht zur Stromsteuer angemeldet werden.
Doppelte Steuerlast bei Versorger ohne Erlaubnis
Durch den derart präzisierten Versorgerbegriff ergibt sich ein praktisches Problem: So weist die Generalzolldirektion darauf hin, dass die Steuer zusätzlich auch in der Person des Stromversorgers entstehen könne, wenn der Anlagenbetreiber gegenüber dem Stromversorger als Letztverbraucher auftreten würde. Damit würde es für den Anlagenbetreiber zu einer doppelten Stromsteuerbelastung kommen, da der Stromversorger die Stromsteuer an den Anlagenbe-treiber regelmäßig weiterreicht.
Dies hat für die Praxis beträchtliche Konsequenzen, welche die Generalzolldirektion womöglich gar nicht beabsichtigt hat.
Der Hinweis der Generalzolldirektion betrifft grundsätzlich ALLE Anlagenbetreiber, die eine Erneuerbare-Energien-Anlage betreiben und den Strom kaufmännisch-bilanziell in das Netz der öffentlichen Versorgung einspeisen – d.h. auch sämtliche Hauseigentümer, die eine PV-Anlage auf dem Dach installiert haben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie den erzeugten Strom an Letztverbraucher, z.B. Mieter, liefern. Handelt es sich um eine Anlage mit mehr als 2 MW (zur Anlagenzusammenfassung siehe weiter unten), liegt eine Versor-gereigenschaft selbst dann vor, wenn der Strom – physikalisch gesehen – ausschließlich selbst verbraucht wird.
Ab dem 1. Januar 2017 sind diese Anlagenbetreiber – legt man die Hinweise der Generalzolldirektion zugrunde – Versorger im Sinne des Stromsteuerrechts und müssen beim Hauptzollamt eine Versorgererlaubnis beantragen. Zwar können Sie sich weiterhin hinsichtlich des für den Selbstverbrauch bezogenen Ersatzstroms auf die Stromsteuerbefreiung berufen, solange sie eine Anlage mit weniger als 2 MW betreiben. Findet jedoch zusätzlich eine Lieferung an Letztverbraucher statt, entfällt ab dem 1. April 2017 für diese Strommenge die Möglichkeit, die Stromsteuerbefreiung des § 9 Absatz 1 Nummer 1 geltend zu machen. Für diesen Fall gelte das vom Anlagenbetreiber genutzte Netz nicht mehr als Eigennetz sondern als stromsteuerrechtliches Versorgungsnetz. Die an Letztverbraucher gelieferten Strommengen müssen die Anlagen-betreiber zukünftig zur Stromsteuer anmelden.
Aufgrund des neuen weitreichenden Versorgerbegriffs werden künftig viele Anlagenbetreiber vor praktische Schwierigkeiten gestellt:
Es ist davon auszugehen, dass viele Anlagenbetreiber mangels Kenntnis dieser neuen Verpflichtung die Versorgererlaubnis nicht rechtzeitig beantragen. Versäumt es der Anlagebetreiber, sei-nem Stromversorger unter Vorlage der Versorgererlaubnis mitzuteilen, dass dieser an einen Ver-sorger und nicht an einen Letztverbraucher liefert, wird ihm der Stromversorger weiterhin den Strom beaufschlagt mit der Stromsteuer liefern. Zahlt der Anlagenbetreiber die Stromsteuer, hat er diese Zahlung – obwohl die Steuer durch seine Entnahme an sich nicht entstanden ist – dennoch mit Rechtsgrund geleistet und kann die Stromsteuer nicht vom Stromversorger zurückver-langen. Denn gemäß § 5 Absatz 3 Satz 1 StromStG wird dieser an den Anlagenbetreiber gelieferte Strom wie Strom behandelt, der an einen Letztverbraucher geliefert wurde. Der säumige An-lagenbetreiber hat zwar für diese Fälle einen Erstattungsanspruch, den er gegenüber dem Haupt-zollamt gelten machen kann, § 5 Absatz 3 Satz 3 StromStG. In der Praxis stellen sich die
Haupt-zollämter aber auf den Standpunkt, dass derjenige, der keine Kenntnis von seinem Versorgersta-tus hatte, die Steuer für die vergangenen drei Jahre nachzahlen müsse, den Erstattungsanspruch nach § 5 Absatz 3 Satz 3 StromStG aber nur für das vergangene Kalenderjahr geltend machen könne. Am Ende hat dann der unwissende Versorger die Stromsteuer für zwei Jahre doppelt gezahlt!
Wichtiger Praxishinweis
Daher gilt folgender Hinweis an alle Anlagenbetreiber:
- Prüfen Sie, ob Sie nach den neuen Vorgaben der Hauptzolldirektion als Versorger im Sinne des StromStG gelten.
- Sollte dies der Fall sein, beantragen Sie eine Versorgererlaubnis und legen Sie diese ihrem Stromversorger vor.
- Falls Sie zur Nachzahlung der Stromsteuer aufgefordert werden, stellen Sie rechtzeitig einen Erstattungsantrag beim Hauptzollamt.
Gern unterstützen wir Sie bei der Prüfung und Antragstellung!
Weitere Hinweise zu § 9 Abs. 1 Nummer 3 StromStG
Die sodann folgenden Hinweise zu § 9 Absatz 1 Nummer 3 StromStG geben weitgehend die Vorgaben aus den BMF-Erlassen vom 23. und 25. März 2015 wieder.
Auf den jüngsten BMF-Erlass vom 6. Januar 2017 (im Anhang zum Informationspapier zu finden) hinweisend, betont die Generalzolldirektion, dass auch im Hinblick auf die Stromsteuerbe-freiung nach § 9 Absatz 1 Nummer 3 StromStG bereits dann ein Leisten von Strom vorliege, wenn dieser lediglich kaufmännisch-bilanziell eingespeist wird. Gleiches gelte für die bilanzielle Rücklieferung des EEG-Ersatzstroms.
Zudem stellt die Generalzolldirektion klar, dass es sich bei der Fernsteuerbarkeit gemäß § 36 EEG 2014 bzw. § 20 Absatz 2 EEG 2017 um eine zentrale Steuerung i.S.d. § 12 b Absatz 2 StromStV handele. Dies betreffe alle Anlagen, die ein Direktvermarktungsunternehmen – unab-hängig vom Standort der Anlagen – in einem Pool gemeinsam vermarkte. Dies hat gleichzeitig auch Auswirkungen auf den Versorgerstatus, da eine Ausnahme vom Versorgerstatus nach § 1a Absatz 5 StromStG nicht mehr in Betracht kommt. Denn die Summe der elektrischen Nennleis-tung der Anlagen in einem Pool ist regelmäßig höher als 2 MW.
Dass alle Anlagen, die ein Direktvermarkter in einem Pool gemeinsam vermarktet, als eine Gesamtanlage gelten, mag der derzeitigen Fassung der StromStV entsprechen. Allerdings bestehen Zweifel, ob die entsprechende Regelung überhaupt von der Verordnungsermächtigung im Stromsteuergesetz gedeckt ist.
Zwar wird das Bundesministerium der Finanzen nach § 11 Nummer 8 lit. a) StromStG wird er-mächtigt, zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, der Verfahrensvereinfachung oder der Vermeidung unangemessener wirtschaftlicher Belastungen, die Voraussetzungen für die steuerbegünstigte Entnahme von Strom einschließlich der Begriffe näher zu bestimmen.
Eine Ermächtigung, die fiktive Zusammenfassung mehrerer Anlagen zu regeln und so den Anwendungsbereich der Stromsteuerbefreiung einzuschränken, ist dort aber nicht vorgesehen. Die fiktive Zusammenfassung mehrerer Anlagen kann auch nicht als eine „nähere Regelung“ des Begriffs „Anlage“ gewertet werden. Sie dient zudem weder der Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, noch der Verfahrensvereinfachung oder der Vermeidung unangemessener wirt-schaftlicher Belastungen.
Verfehlt ist zudem die Annahme, dass allein die Zuordnung einer Anlage zu dem Pool eines Di-rektvermarkters darauf schließen lässt, dass ein „virtuelles Kraftwerk“ vorliegt. Der Begriff „virtuelles Kraftwerk“ mag von dem einen oder anderen Direktvermarkter zu Marketingzwecken genutzt werden. Tatsächlich aber werden die Anlagen mitnichten wie ein virtuelles Kraftwerk, bei dem eine Anlage die schwankende Produktion der anderen Anlage ausgleicht, betrieben. Vielmehr werden alle Anlagen entsprechend den mit dem jeweiligen Anlagenbetreiber getroffenen Vereinbarungen und den Preissignalen der Strombörse betrieben.
Ginge man – wie die Generalzolldirektion hier klarstellt - bei durch einen Direktvermarkter fernsteuerbaren Anlagen davon aus, dass es sich (fiktiv) um eine Gesamtanlage handelt, würde dies im Ergebnis bedeutet, dass auch Anlagen zusammenzufassen sind, die sich an gänzlich un-terschiedlichen Standorten, selbst in verschiedenen Bundesländern, befinden.
Hinweise zum Doppelförderungsverbot
Trotz der oben beschriebenen praktischen Schwierigkeiten dürften sich viele Anlagenbetreiber nun freuen. Aufgrund der zuvor beschriebenen weitgehenden Einschränkung der Stromsteuerbe-freiungen nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 und Nummer 3 StromStG können nun viele Anlagenbetreiber wieder mittels ensprechender Entlastungsanträge einen Teil der Stromsteuer „sparen“, ohne Kürzungen bei der EEG-Vergütung zu riskieren: Liegt die Stromsteuerbefreiung künftig nicht mehr vor, kommt es auch nicht länger zu einer Kürzung der EEG-Vergütung. Gleichzeitig steht es aber dem Anlagenbetreiber dann aber offen, für die selbst verbrauchte Strommenge Entlastungsanträge nach §§ 9b, 10 StromStG und § 12a StromStV zu stellen. Diese setzen voraus, dass der Strom versteuert bezogen wurde. Für EE-Anlagenbetreiber ist es daher künftig von Vor-teil, wenn sie nicht unter die Befreiungstatbestände nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 und Nummer 3 StromStG fallen.
Aufgrund der jüngsten Klarstellung der Generalzolldirektion ist der Anwendungsbereich des § 9 Absatz 1 Nummer 1 StromStG nunmehr auf sog. Insellösungen und reine Ökostromnetze beschränkt. Sobald das Netz des Anlagenbetreibers mit dem öffentlichen Netz verbunden ist, kann sich der Anlagenbetreiber darauf berufen, den Strom aus einem nicht ausschließlich mit erneuerbaren Energien gespeisten Netz zu beziehen. Dies ist je-denfalls immer dann der Fall, sobald in Zeiten des Stillstands der Stromerzeugungsanlage – wenn auch in geringen Mengen – Graustrom in das Netz des Anlagenbetreibers fließt. Da der selbstverbrauchte Strom zu versteuern ist, ist es dem Anlagenbetreiber nunmehr mög-lich, die für ihn in Betracht kommenden Entlastungsanträge zu stellen.
Aus den Hinweisen der Generalzolldirektion lässt sich zudem entnehmen, dass trotz des insoweit unklaren Wortlautes des § 53 c EEG 2017 nur die Steuerbefreiung nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 und Nummer 3 StromStG, nicht aber die Nummer 2 vom Doppelförderungsverbot umfasst sein soll. Dies ist sicher zutreffend: Der Wortlaut ist zwar sehr weit gefasst, aber sowohl die Geset-zesbegründung als auch der Sinn un Zweck der Regelung sprechen für dieses Ergebnis. Auch dies dürfte sich für viele Anlagenbetreiber positiv auswirken.
Fazit
Das Informationspapier zeigt erneut, was sich in den letzten Jahren bereits mehrfach abgezeichnet hat: Das Stromsteuerrecht ist äußerst kompliziert und die Handhabung in der Praxis schwierig. Die verwaltungsinterne Anweisungen durch BMF-Erlasse oder Vorgaben der Generalzolldi-rektion können daran nur bedingt etwas ändern, da auch hier die in der Praxis auftauchenden Probleme entweder nicht antizipiert oder wissentlich in Kauf genommen werden. Und so wie Alice im Wunderland atemlos dem weißen Kaninchen hinterher jagt, geht es auch der Branche, die sich – kaum auf die letzte Änderung des Stromsteuerrechts eingestellt – bereits wieder neuen Änderungen gegenübersieht.
Dennoch scheint es die Generalzolldirektion gut mit vielen Anlagenbetreibern zu meinen, wenn diesen künftig die Möglichkeit für Entlastungsanträge gegeben wird. Insbesondere größere Bio-gasanlagenbetreibern und andere Unternehmen des produzierenden Gewerbes sollten sich daher die Frage stellen, ob sich künftig die Einführung eines Energie- und Umweltmanagementsystems für die Beantragung des Spitzenausgleichs lohnen könnte.
Das gute Wille der Generalzolldirektion wird mit der jüngsten Anweisung noch einmal deutlich. Anlagenbetreiber, die nach dem oben Gesagten nun doch nicht von der Stromsteuer befreit sind, können eine Kürzung der EEG-Vergütung womöglich doch noch ab-wenden, indem sie ihre Stromlieferanten unter Hinweis auf die neuerliche Wendung dazu bewegen, den Strom zur Steuer anzumelden. Sodann können die Anlagenbetreiber für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2016 die entsprechenden Entlastungsanträge stellen.