Strom vom eigenen Dach auch für Mieter – BMWi legt Gesetzesentwurf zur Mieterstromförderung vor

29.03.2017 Strom vom eigenen Dach auch für Mieter – BMWi legt Gesetzesentwurf zur Mieterstromförderung vor

Strom vom eigenen Dach auch für Mieter? Was technisch und energiepolitisch gerade in den Städten als höchst sinnvoll erscheint, ist energierechtlich und wirtschaftlich bislang noch eher schwierig. So wurde die Förderung dezentraler Versorgungsmodelle in den letzten Jahren zunehmend zurückgeschnitten. Zudem erschweren es zahlreiche administrative und steuerrechtliche Regularien, Mieter mit Strom aus einer hauseigenen PV-Anlage zu versorgen. Das Ergebnis: Bislang wird das enorme Potenzial, das die Dächer von Mietshäusern für die urbane Energiewende bereithalten, kaum gehoben. Doch nun soll wieder mehr Bewegung in den Mieterstrommarkt kommen: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat einen ersten Entwurf für ein Mieterstromgesetz vorgelegt, dessen Ziel es ist, künftig eine gesetzliche Förderung für Mieterstromprojekte zu ermöglichen. Wir geben Ihnen einen ersten Überblick über die wichtigsten Inhalte des Gesetzesentwurfs.

Die Mieterstromverordnung kommt… – und zwar als Gesetz!

Der Gesetzgeber hatte die Notwendigkeit, Mieterstromprojekten bessere Marktzugangsbedingungen zu verschaffen, bereits im Zuge der letzten großen EEG-Novelle ausdrücklich anerkannt. Deshalb wurde eine Verordnungsermächtigung für die Mieterstromförderung in das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2017 aufgenommen, deren Umsetzung in der Praxis mit Spannung erwartet wurde. Nach dem aktuellen Stand soll der neue Rechtsrahmen für Mieterstrom nun jedoch nicht als Rechtsverordnung umgesetzt werden, sondern über eine ganze Reihe von Änderungen in verschiedenen Gesetzen, insbesondere dem EEG und dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Hintergrund ist, dass, anders als im EEG 2017 angedacht, Mieterstromprojekte nicht mittelbar über eine Reduzierung der EEG-Umlage, sondern über eine direkte Zahlung gefördert werden sollen. Da die Einführung einer solchen Förderung aber auf dem Verordnungswege nicht machbar ist, soll nun das Gesetz geändert werden – deswegen ein Mieterstromgesetz und keine Mieterstromverordnung.  

Finanzielle Förderung für Mieterstrom – der Mieterstromzuschlag

Für die Förderung von Mieterstromprojekten soll neben die allgemein bekannten Förderinstrumente des EEG, also die Marktprämie und die Einspeisevergütung, der sogenannte Mieterstromzuschlag treten. Die Höhe dieses Mieterstromzuschlags berechnet sich, indem von dem anzulegenden Wert, den das EEG 2017 für die konkrete Solaranlage im Zeitpunkt der Inbetriebnahme vorsieht, 8,5 Cent abgezogen werden. Für jede an einen Mieter gelieferte Kilowattstunde Strom erhält der Anlagenbetreiber dann – neben dem vom Abnehmer gezahlten Strompreis – diese zusätzliche Förderung. Die Förderung entspricht dabei ungefähr der Reduzierung der EEG-Umlage in Eigenversorgungskonstellationen. Dies gilt zumindest bei kleinen Anlagen bis 10 Kilowatt installierter Leistung. Bei größeren Anlagen fällt die Förderung wegen des geringeren anzulegenden Wertes niedriger aus.

Voraussetzungen für den Mieterstromzuschlag

Die Inanspruchnahme des Mieterstromzuschlags soll allerdings nicht für jede denkbare Mieterstromkonstellation offenstehen, sondern wird im aktuell vorliegenden Entwurf an besondere Voraussetzungen geknüpft. Zunächst soll die Förderung nur Solaranlagen mit einer installierten Leistung bis zu 100 Kilowatt zukommen. Weiterhin muss es sich um Gebäudeanlagen handeln und die Belieferung des Mieters muss innerhalb desselben Gebäudes erfolgen, auf dessen Dach die Solaranlage installiert ist. Bei dem Gebäude muss es sich zudem um ein Wohngebäude handeln. So soll sichergestellt werden, dass nur Mieterstromprojekte im Wohnsegment gefördert werden und nicht an gewerblich genutzten Standorten. Allerdings geht aus Gesetzeswortlaut und -begründung klar hervor, dass eine gemischte Nutzung, z.B. ein Kiosk im Erdgeschoss, nicht zwingend einer Förderung entgegensteht. Vielmehr soll es ausreichen, wenn das Gebäude überwiegend zu Wohnzwecken genutzt wird.

Keine Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Mieterstromzuschlags ist es, dass der Vermieter selbst den Strom an die Mieter liefert. Die Regelung ist insofern offen für Contracting-Modelle. Ebenfalls ist – anders als der Name suggeriert – auch nicht die Belieferung von Mietern im engeren Sinne Voraussetzung. Vielmehr soll nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut bereits die Lieferung „an einen Letztverbraucher“, der den Strom „im Gebäude verbraucht“ ausreichend sein. Da auch Eigentümer Letztverbraucher sind, ist die Inanspruchnahme des Mieterstromzuschlages demnach auch dann möglich, wenn das „Mieterstromkonzept“ in Eigentumskonstellationen umgesetzt wird.  

Und wieder mal ein Deckel – 500 MW je Jahr als Obergrenze

Es ist allerdings vorgesehen, die Förderung für Mieterstromprojekte auf 500 MW neu installierte Leistung je Jahr zu deckeln. Mieterstromprojekte, die erst nach Erreichen dieses Deckels realisiert werden, erhalten zunächst keine Förderung im laufenden Jahr mehr. Allerdings soll der Förderanspruch dann im nächsten Jahr, wenn erneut der Topf von 500 MW wieder „gefüllt“ werden darf, wieder aufleben und der Mieterstromzuschlag dann in Anspruch genommen werden dürfen. Entsprechend reduziert sich dann aber die für neue Projekte zur Verfügung stehende Leistung um die Leistung der „Altanlagen“ aus dem Vorjahr. 

Was sonst noch zu beachten ist – Vorgaben für die Vertragsgestaltung

Neben den förderrechtlichen Bestimmungen sollen mit dem Mieterstromgesetz gesetzlich verbindliche Vorgaben für die Gestaltung der entsprechenden Stromlieferverträge kommen. Hierzu soll Teil 4 des EnWG, der bereits jetzt Vorgaben für die Vertragsgestaltung bei der Stromlieferung an Letztverbraucher enthält, um einen entsprechenden Mieterstromparagraphen ergänzt werden.

Nach dem Gesetzentwurf des BMWi soll es zunächst grundsätzlich zulässig sein, den Stromliefervertrag an den Mietvertrag zu koppeln. In diesem Fall darf die Vertragslaufzeit die Dauer von 6 Monaten aber grundsätzlich nicht überschreiten, es sei denn, es handelt sich um ein Studenten- oder Jugendwohnheim. Weiterhin soll bei Kündigung des Mietvertrages dann der Mieterstromvertrag ebenfalls automatisch enden. Nicht abschließend klar wird an dieser Stelle aus dem aktuellen Gesetzesentwurf allerdings, ob diese automatische Beendigung nur für solche gekoppelten Verträge oder auch für separat abgeschlossene Mieterstromverträge zwingend gelten soll.

Weiterhin soll die maximal zulässige Laufzeit von separat geschlossenen Mieterstromverträgen auf ein Jahr begrenzt sein, wobei die vertragliche Vereinbarung einer stillschweigenden Verlängerung um jeweils ein weiteres Jahr zulässig sein soll. Die Kündigungsfrist darf maximal drei Monate betragen. Die Vorgaben entsprechen insofern – abgesehen von der maximalen zulässigen ersten Vertragslaufzeit von nur einem Jahr – aber ohnehin den allgemeinen AGB-rechtlichen Vorgaben, die auch bisher schon bei der Vertragsgestaltung für Mieterstromprojekte in aller Regel zu berücksichtigen waren. Warum der Gesetzgeber im Hinblick auf die Erstlaufzeit eine „schärfere“ Regelung für erforderlich hält als sie das allgemeine AGB-Recht für Dauerschuldverhältnisse ohnehin vorsieht – danach ist eine Erstvertragslaufzeit von maximal 2 Jahren zulässig – bleibt etwas unklar.

Zuletzt sollen Mieterstromanbietern auch verbindliche Vorgaben zur Preisgestaltung gemacht werden. Vorgesehen ist dabei, dass der Jahresendpreis für Mieterstrom niedriger sein muss als der Grundversorgungstarif. Der aktuelle Entwurf sieht insofern die Schwelle bei 95 Prozent. Diese Zahl ist allerdings noch nicht innerhalb der Bundesregierung abgestimmt. 

Etwaige Erleichterungen bei den sonstigen allgemeinen Pflichten im Rahmen von Stromlieferverhältnissen sieht der Gesetzentwurf für Mieterstrommodelle darüber hinaus leider nicht vor. Der Anbieter von Mieterstrom wird rechtlich also weiterhin als ganz „normales“ Energie- bzw. Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Sinne des EEG und EnWG behandelt. Vermieter bzw. Mieterstromanbieter müssen sich also auch künftig mit den weiteren speziellen Vorgaben zu Vertragsgestaltung, Abrechnung und Stromkennzeichnung sowie den Meldepflichten auseinandersetzen, wenn sie ein entsprechendes Konzept rechtssicher realisieren möchten. Es wäre wünschenswert, dass der Gesetzgeber hier noch einmal über Erleichterungen, etwa über eine leistungsbezogene Bagatellgrenze o.ä., nachdenkt, um Mieterstromkonzepte in der Praxis einfacher umsetzbar zu machen.

Klarstellung zu Messeinrichtungen – Summenzählermodell ausreichend

Weiterhin soll durch eine entsprechende Änderung im EnWG noch einmal explizit festgeschrieben werden, dass sogenannte Summenzählernmodelle in Mieterstromprojekten, aber auch in anderen Lieferkonstellationen in Kundenanlagen grundsätzlich zulässig sind. 

Es soll insofern zum einen eine Verpflichtung des Netzbetreibers in das EnWG aufgenommen werden, dass dieser die gegebenenfalls erforderlichen bilanzierungsrelevanten Unterzähler bereitzustellen hat, beispielsweise wenn einzelnen Mieter nicht an dem Mieterstrommodell teilnehmen möchten. Zum anderen soll für die Belieferung der am Mieterstrommodell teilnehmenden Mieter die Zulässigkeit des sogenannten Summenzählermodells expliziert gesetzlich festgeschrieben werden.

Fazit und Bewertung

Es ist erfreulich, dass das BMWi den im EEG 2017 formulierten Auftrag, ein Fördermodell für Mieterstromprojekte zu entwickeln so schnell angegangen ist und das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode Wirklichkeit werden könnte. 

Zwar mag an einzelnen Teilen des Entwurfs noch zu feilen sein. Zudem wäre es wünschenswert, dass zeitnah noch weitere Gesetzesänderungen angepackt werden, die bislang dem Durchbruch von Mieterstrommodellen in der Praxis häufig entgegenstehen. Dies betrifft etwa die zentrale Forderung, dass die betreffenden Akteure aus der Wohnungswirtschaft ihre steuerrechtlichen Privilegien (etwa die sogenannte erweiterte Gewerbesteuerkürzung) durch die Lieferung von Mieterstrom nicht verlieren sollen oder die Entbürokratisierung durch eine Reduzierung der energiewirtschaftlichen Pflichten für Mieterstromlieferanten. Ein erster Schritt, die Energiewende auch in urbanen Räumen stärker voranzutreiben, ist mit der Vorlage des Gesetzesentwurfes aber sicherlich getan. Derzeit nehmen die Verbände Stellung zum Gesetzgebungsentwurf. Es zeichnet sich ab, dass es dann sicherlich noch einmal einiges an Diskussionen geben wird. Die weitere Entwicklung des Gesetzgebungsverfahrens bleibt mit Spannung zu erwarten.

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