Der Anspruch auf den Luftreinhaltungsbonus, den die Betreiber von Biogasanlagen bei Einhaltung der Grenzwerte für Formaldehydemissionen beantragen können, wirft in der Praxis zahlreiche Fragen auf. Der Grund hierfür liegt darin, dass der Anlagenbetreiber sich hier zunächst um eine Bescheinigung der zuständigen Behörde bemühen muss. Dies ist eine seltene Ausnahme im zivilrechtlich ausgestalteten EEG, die gelegentlich dazu führt, dass Zivilgerichte über immissionsschutzrechtliche Fragen und Verwaltungsgerichte über EEG-Fragen entscheiden müssen.
Ein anschauliches Beispiel liefert ein Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 10. Februar 2014 (Az. 11 B 137/14). Das OVG NRW entschied, dass der Betreiber einer Biogasanlage keinen Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die zuständige Behörde hat, um die „rechtzeitige“ Ausstellung der für die Geltendmachung des Bonus erforderlichen Bescheinigung sicherzustellen. Zur Begründung führt das Oberverwaltungsgericht an, dass der Anordnungsgrund fehle, also keine Eilbedürftigkeit bestehe. Entgegen der Ansicht des Anlagenbetreibers bestehe nämlich gar keine Gefahr, dass dieser seinen Anspruch auf den Luftreinhaltungsbonus – auch Emissionsminderungsbonus oder Formaldehydbonus genannt – bei nicht rechtzeitiger Vorlage der Bescheinigung verliert. Der Anlagenbetreiber könne die Bescheinigung vielmehr auch noch nach dem 28. Februar nachreichen.
Sachverhalt
Der Betreiber einer Biogasanlage begehrte von der zuständigen Immissionsschutzbehörde die Ausstellung einer Bescheinigung über die Einhaltung der Formaldehydgrenzwerte, um gegenüber dem Netzbetreiber den sogenannten Luftreinhaltungsbonus geltend machen zu können (§ 27 Absatz 5 Satz 1 EEG 2009). Diese Bescheinigung hat der Anlagenbetreiber dem Netzbetreiber bis zum 28. Februar 2014 zur Endabrechnung des Vorjahres vorzulegen (§ 46 Nummer 3 EEG 2009/2012). Die Immissionsschutzbehörde zögerte mit der Bescheinigungsausstellung. Der Netzbetreiber ist der Meinung, im Fall der Nichteinhaltung der Vorlagefrist vom 28. Februar 2014 entfällt der Formaldehydbonus für das Jahr 2013 endgültig; die Frist sei eine Ausschlussfrist.
Urteilsgründe
Das OVG NRW ist der Auffassung, dass die in § 46 Nummer 3 EEG 2009/2012 bestimmte Frist keine Ausschlussfrist ist. Das OVG stützt seine Argumentation auf den Wortlaut der Vorgängerregelung (§ 14a Absatz 2 Nr. 3 EEG 2004/2006). Dort wurde die Frist als „Obliegenheit“ ausgestaltet und ist daher als Ordnungsfrist einzustufen. Der Gesetzgeber habe der Regelung keinen Ausschlusscharakter zuschreiben wollen. Der ursprüngliche Regelungsgehalt gelte fort. Hätte der Gesetzgeber die Frist als Ausschlussfrist ausgestalten wollen, hätte er diese auch als solche bezeichnet.
Fazit
Der Beschluss des OVG NRW wirft Fragen auf. Die Annahme, dass § 46 Nummer 3 EEG 2009 keine Ausschlussfrist normiert und dass die vom Anlagenbetreiber für das Vorjahr zu erbringenden Nachweise auch noch nach dem 28. Februar eingereicht werden können, ist zwar rechtlich überzeugend. Die Rechtsfolgen eines derartigen Fristversäumnisses sind jedoch weiterhin umstritten. Damit liegt das Risiko, für das Jahr 2013 keinen Luftreinhaltungsbonus zu erhalten, allein beim Anlagenbetreiber – unabhängig davon, ob der Anlagenbetreiber oder die zuständige Behörde die Verzögerungen verschuldet hat.