OLG Naumburg zur Inbetriebnahme eines Photovoltaikmoduls

04.08.2014 OLG Naumburg zur Inbetriebnahme eines Photovoltaikmoduls

Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg hat in seinem Urteil vom 24. Juli 2014 (Az.: 2 U 96/13) entschieden, dass an der für die Inbetriebnahme erforderlichen Herstellung der technischen Betriebsbereitschaft fehlt, wenn das Photovoltaikmodul zum Zeitpunkt des Inbetriebsetzens nicht an seinem – gegebenenfalls auch nur vorläufigen – Bestimmungs- und Einsatzort fest installiert ist.

Sachverhalt

Die Kläger sind jeweils Betreiber von Photovoltaikanlagen. Die Beklagte ist ihr regelverantwortlicher Stromnetzbetreiber. Die Parteien streiten insbesondere darüber, ob der für die Höhe der gesetzlichen Mindestvergütung nach dem EEG maßgebliche Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Anlagen jeweils vor dem Stichtag am 01. Januar 2011 gelegen hat.

Jeder der Anlagenbetreiber hat noch vor diesem Stichtag den sog. Glühbirnentest durchgeführt. Dieser beinhaltet das Freilegen und Ausrichten der Solarfläche zum Sonnenlicht und den Anschluss einer Glühlampe, die durch Aufleuchten anzeigt, dass Strom erzeugt und außerhalb der Anlage genutzt wird. Unter dem jeweiligen Datum gaben die Anlagenerrichter und die Anlagenbetreiber die Formularerklärung zur Inbetriebnahme der Module dem Netzbetreiber ab. Des Weiteren erfolgten sog. Fertigmeldungen der PV-Anlage (kaufmännische Inbetriebnahme) gegenüber dem Netzbetreiber. Die gelieferten PV-Module wurden jedoch in keinem der Fälle vor dem besagten Stichtag ortsfest auf den Aufständerungen bzw. den Dächern aufgebaut. Mit der Einspeisung des Stroms wurde in allen Fällen erst im ersten Halbjahr 2011 begonnen.

Nach Auffassung der Kläger reiche allein die Durchführung des sog. Glühlampentests an jedem der jeweils an sie ausgelieferten Photovoltaikmodule für die Inbetriebnahme des Moduls nach dem EEG 2009 aus. Daher sei hinsichtlich der anzuwendenden Degressionsvorschriften des § 20 EEG 2009 von einer Inbetriebnahme vor dem 01. Januar 2011 auszugehen.

Urteilsgründe

Das OLG Naumburg ist der Auffassung der Kläger nicht gefolgt. Es stellt in seinem Urteil vielmehr fest, dass keinem der Kläger ein Anspruch auf die gesetzliche Mindestvergütung in Höhe derjenigen Vergütungssätze zusteht, welche für PV-Anlagen gelten, die vor dem 01. Januar 2011 in Betrieb genommen wurden. Es fehle in allen Fällen an einer wirksamen Inbetriebnahme der PV-Anlagen vor diesem Stichtag. Für eine Inbetriebnahme nach dem EEG 2009 reiche es nicht aus, wenn der Anlagenbetreiber die gelieferten PV-Module von den Transportfahrzeugen ablädt, sodann den sog. Glühlampentest erfolgreich absolviert und danach die Module wieder verpackt und bis zu ihrer Installation am Einsatzort vorübergehend einlagert.

Bereits der Wortlaut des § 3 Nummer 5 EEG 2009 weise darauf hin, dass die Inbetriebnahme die Herstellung der technischen Betriebsbereitschaft der Anlage zur Umwandlung von solarer Strahlungsenergie in elektrische Energie im Sinne einer objektiv vorhandenen technischen Möglichkeit zur Erzeugung von Strom als ein außerhalb der Anlage nutzbares Produkt voraussetze. Erst danach erfolge das Inbetriebsetzen, gekennzeichnet durch die bewusste Entscheidung zum Auslösen des Stromflusses – nachweisebar beispielsweise mithilfe einer Glühbirne. Das Inbetriebsetzen sei nur dann maßgeblich für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme, wenn es sich um das Inbetriebsetzen einer objektiv technisch betriebsbereiten Anlage handele.

Die Herstellung der technischen Betriebsbereitschaft wiederum schließe nach dem Begriffsverständnis des § 3 Nummer 5 EEG 2009 ein, dass die Anlage an ihrem – gegebenenfalls auch nur vorläufigen – Bestimmungs- und Einsatzort fest installiert sei.

Zwar ließe der Wortlaut der Vorschrift hier Auslegungsspielraum offen, doch eine systematische Betrachtung und eine Auslegung nach Sinn und Zweck der Vorschrift stütze dieses Ergebnis.

So sei der Begriff der Inbetriebnahme vor allem für die Bestimmung des Anwendungsbereichs der einzelnen Regelungen über die Absenkung von Vergütung und Boni (sog. Degression) relevant. Die Wirksamkeit der Inbetriebnahme einer Anlage ohne deren ortsfeste Installation erschwere oder vereitele die Nachprüfbarkeit der Erfüllung der anderen im Zusammenhang mit § 20 EEG 2009 stehender Anlagenmerkmale, wie die Lage der Anlage im Geltungsbereich eines wirksamen Bebauungsplans oder die Nennleistung der Gesamtanlage.

Des Weiteren sei dem mit den Regelungen des EEG verfolgten allgemeinen Ziel, den Anteil der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien an der Gesamtstromerzeugung zu erhöhen, erst dann gedient, wenn die durch eine rechtliche Regelung gesetzten Anreize zu einer tatsächlichen Stromeinspeisung führten. Mit dieser sei wiederum nur dann zu rechnen, wenn die Module an ihrem Bestimmungs- und Einsatzort fest installiert seien.

Fazit:

Die Kläger beriefen sich insbesondere auf einen Hinweis der Clearingstelle EEG (Nr. 2010/1), in welchem eine widerlegliche Vermutung für das Vorliegen der technischen Betriebsbereitschaft bejaht wird, wenn die PV-Anlage in Betrieb gesetzt worden ist. In mehreren Voten (z.B. Nr. 2013/26) vertrat die Clearingstelle EEG zudem die Auffassung, dass eine ortsfeste Installation für die Inbetriebnahme nach dem EEG 2009 nicht notwendig sei. Das Gericht wies jedoch darauf hin, dass es durch eine Entscheidung der Clearingstelle EEG nicht gebunden sei.

Für Anlagen, die auf Grundlage der Rechtsauffassung der Clearingstelle EEG, vom Netzbetreiber als in Betrieb genommen anerkannt wurden, weil Sie lediglich einen Glühlampentest durchgeführt haben, ist die Entscheidung des OLG Naumburg misslich. Jedenfalls bei Bestätigung der Auffassung des OLG Naumburg durch den Bundesgerichtshof drohen Anlagenbetreibern Kürzungen der Einspeisevergütung oder womöglich gar Rückzahlungsansprüche der Netzbetreiber.