Die Europäische Kommission nimmt die Energieeffizienz-Ziele durchaus ernst – nicht immer zur Freude von Endkunden und Unternehmen. Ein im Hinblick auf seine Wirksamkeit und den bürokratischen Aufwand umstrittenes „Instrument“ besteht in der verpflichtenden Einführung von Energiemanagementsystemen und Energieaudits. In Umsetzung der europäischen Vorgaben verpflichtet das Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G) bereits seit 2015 Unternehmen ab einer bestimmten Größe zur Durchführung von Energieaudits im 4-Jahresturnus (wir berichteten). Am 30. April 2019 beschloss die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des EDL-G und andere Energieeffizienzmaßnahmen (BT-Drs. 19/9769). Nach den Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (BT-Drs. 19/11186) passierte der Gesetzesentwurf am 2. Oktober 2019 den Bundesrat. Die Novelle des EDL-G soll noch im Herbst 2019 in Kraft treten und wird einige Erleichterungen, aber auch neue Pflichten für auditpflichtige Unternehmen mit sich bringen. Zugleich finden sich im Entwurf auch einige wichtige Änderungen in anderen Gesetzen, die nachfolgend in Kürze vorgestellt werden.
Einführung einer Bagatellschwelle für die Auditpflicht
Bei Unternehmen mit einem vergleichsweise geringen Energieverbrauch stehen die Kosten für das Energieaudit oft nicht im Verhältnis zu den zu erwartenden Einsparungen. Um solche Unternehmen zu entlasten, wird es künftig eine Bagatellgrenze geben. Diese sieht vor, dass Unternehmen, die zwar keinen KMU-Status haben (also solche mit mehr als 250 Mitarbeitern oder einem Jahresumsatz von mehr als 50 Mio. Euro und einer Jahresbilanzsumme von mehr als 43 Mio. Euro), aber in den zwölf Monaten vor dem Energieaudit dennoch einen Gesamtenergieverbrauch von höchstens 500.000 kWh hatten, künftig kein vollständiges Energieaudit mehr durchführen müssen. Eine komplette Befreiung von der Auditpflicht ist – vor dem Hintergrund der Minimierung möglicher EU-rechtlicher Risiken – nicht vorgesehen. Stattdessen müssen diese Unternehmen nun eine reduzierte Online-Energieauditerklärung abgeben.
Die neue Bagatellgrenze soll nicht gelten, wenn das Unternahmen bereits vor dem Inkrafttreten des novellierten EDL-G ein erstes oder erneutes Audit durchführen müsste.
Unternehmen, die freiwillig mit der Einführung eines Energie- oder Umweltmanagementsystems vor dem fälligen Wiederholungsaudit begonnen haben, sollen weiterhin in der Einführungsphase von der Energieauditpflicht freigestellt sein.
Meldepflicht über durchgeführte Energieaudits
Neu ist auch die Meldepflicht für alle Nicht-KMU über das durchgeführte Energieaudit. Da sich das bislang praktizierte Verfahren der Stichprobenkontrolle im Vollzug als problematisch herausgestellt hat, soll nun dem Vorbild der Länder Frankreich, Italien, Österreich, Dänemark und Schweden folgend eine Meldung beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) mittels Online-Energieaudit-Erklärung erforderlich sein.
Die Erklärung muss spätestens zwei Monate nach Abschluss des Audits oder – für Unternehmen unterhalb der Bagatellgrenze – zwei Monate nach dem verpflichtenden Audittermin erfolgen. Letztere müssen neben Angaben zum Unternehmen nur den Gesamtenergieverbrauch und die bestehenden Energiekosten mitteilen. Sind Unternehmen auditpflichtig und fallen nicht unter die Bagatellgrenze, müssen sie zudem auch Angaben zum Energieauditor, zu den identifizierten und vorgeschlagenen Maßnahmen einschließlich der Angabe der Investitionskosten, der voraussichtlichen Nutzungsdauer und der zu erwartenden Energieeinsparungen sowie zu den Kosten des Energieaudits machen.
Neue Anforderungen an den Energieberater
Durch die Aufnahme von neuen Anforderungen an die Qualifikation der Energieberater soll sichergestellt werden, dass Unternehmen Entscheidungen über Effizienzinvestitionen auf Basis hochwertiger Energieaudits treffen können. Energieberater müssen zukünftig beim BAFA registriert sein und gegenüber der Behörde regelmäßige Fortbildungen nachweisen.
EEG-Umlage
Mit den Beschlussempfehlungen wurden in die verabschiedete EDL-G Novelle außerdem Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) aufgenommen. So sieht § 61 c EEG 2017 nunmehr vor, dass KWK-Anlagen im Segment von mehr als 1 Megawatt bis einschließlich 10 Megawatt rückwirkend zum 1. Januar 2019 wie alle anderen KWK-Anlagen für die Eigenversorgung einheitlich 40 Prozent EEG-Umlage zahlen.
Weiterhin wurden die bisher im Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) und im EEG enthaltenen beihilferechtlichen Genehmigungsvorbehalte gestrichen. Aufgrund des bisherigen Genehmigungsvorbehalts wurde die Förderung der KWK-Bestandsanlagen (§ 13 KWKG) für das Jahr 2019 ausgesetzt. Diese kann nun – nach der Streichung des Genehmigungsvorbehalts – wieder ausgezahlt werden. Hintergrund für den Wegfall des Vorbehalts ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 28. März 2019, in dem das Gericht festgestellt hat, dass das Förderregime des EEG keine Beihilfe darstellt (wir berichteten). Nach Auffassung des Bundestags ist die Bewertung des EuGH auch auf das KWKG übertragbar.
Netzentgelte auf Power-to-Gas-Anlagen: Abschluss der Rolle rückwärts
Zuletzt enthält der Entwurf des EDL-G die Regelung zur Rückgängigmachung der Änderungen in § 118 Absatz 6 EnWG zur Netzentgeltbefreiung für Power-to-Gas-Anlagen. Am 4. April 2019 hatte der Bundestag im Zuge der NABEG-Novelle § 118 Absatz 6 EnWG dahingehend geändert, dass eine Netzentgeltbefreiung nur noch im Fall der (praktisch nicht relevanten) Wiederverstromung von synthetischem Gas oder Wasserstoff gegolten hätte (wir berichteten). Die Änderung war dabei durch den Wirtschaftsausschuss kurz vor Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens im Bundestag als bloße „Klarstellung“ in das NABEG aufgenommen worden. Nach erheblichem Widerspruch der Branche und maßgeblicher Irritation einiger Bundestagsabgeordneter darüber, welche Änderung ihnen da zunächst unbemerkt „untergejubelt“ worden war, musste die Bundesregierung in einem beispiellosen Vorgang noch im Bundesrat die Rücknahme der Regelung ankündigen. Diese Ankündigung wird nun durch das EDL-G umgesetzt. Die Rückgängigmachung der Regelung tritt dabei rückwirkend zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des NABEG in Kraft, so dass rückwirkend wieder eine Kontinuität der Rechtslage hergestellt wird.
Fazit
Dank der Novelle müssen einige Nicht-KMU nun kein vollständiges Audit mehr durchführen. Dennoch bleiben Sie von einigem administrativen Aufwand nicht verschont. Die Fortbildungspflicht der Auditoren ist nachvollziehbar, da damit eine gleichbleibende Qualität der Audits gewährleistet werden kann. Auch der Wegfall der Genehmigungsvorbehalte sowie die rückwirkende Herstellung der ursprünglichen Rechtslage hinsichtlich der Netzentgeltbefreiung für Power-to-Gas-Anlagen sind erfreulich. Insgesamt ist die Novelle daher zu begrüßen.