Neues Votum Clearingstelle EEG – Keine vorgezogene Inbetriebnahme eines Biogas-BHKW

28.09.2017 Neues Votum Clearingstelle EEG – Keine vorgezogene Inbetriebnahme eines Biogas-BHKW


Die Clearingstelle hatte in einem am 2. August 2017 veröffentlichtem Votum 2017/25 über die Frage zu entscheiden, wann das Satelliten-BHKW der Anspruchstellerin in Betrieb genommen worden und ob dieses mit der Vor-Ort-Anlage einer anderen Anlagenbetreiberin vergütungsseitig zusammenzufassen ist. Dabei hat sie die vorzeitige Inbetriebnahme mit Pflanzenöl für unzulässig erklärt. Unter Rückgriff auf ihre zu PV-Anlagen entwickelten Entscheidungspraxis (und ohne jede Auseinandersetzung mit der neueren Rechtsprechung des BGH) hält die Clearingstelle EEG daran fest, dass die Vertriebsprozesse für eine Inbetriebnahme abgeschlossen sein müssen. 

Sachverhalt

Die Anspruchstellerin erwarb im Jahr 2011 ein Satelliten-BHKW. Der Hersteller setzte das BHKW am 13. Dezember 2011 noch auf seinem Betriebsstandort im Auftrag der Anspruchstellerin unter Einsatz von Pflanzenöl in Betrieb. Der Strom wurde in das Netz für die allgemeine Versorgung eingespeist. Am selben Tag wurde das BHKW wieder außer Betrieb gesetzt und verblieb sodann noch für mehr als ein Jahr im Gewahrsam des Herstellers. Erst im Frühjahr 2013 wurde das BHKW an den Satelliten-Standort transportiert, an dem es am 26. Juli 2013 erstmals Strom erzeugte und seitdem dauerhaft betrieben wird.

Im räumlichen Umfeld zum Satelliten-Standort befindet sich eine Biogasanlage mit zwei BHKW, aus der das Satelliten-BHKW der Anspruchstellerin mit einer am 26. Juli 2013 fertigstellten Leitung mit Biogas versorgt wird. 

Die Anspruchstellerin streitet mit dem zuständigen Netzbetreiber um das Datum der Inbetriebnahme. Während die Anspruchstellerin der Ansicht ist, dass das BHKW bereits durch das Inbetriebsetzen des Herstellers im Jahr 2011 in Betrieb genommen wurde, meint der Netzbetreiber, dass die Inbetriebnahme erst am Satelliten-Standort erfolgt sei. Insbesondere wäre die technische Betriebsbereitschaft erst mit Fertigstellung der Biogasleitung gegeben gewesen.

Das Votum der Clearingstelle EEG

Im Ergebnis schloss sich die Clearingstelle EEG der Meinung des Netzbetreibers an und hielt eine Inbetriebnahme nach § 3 Nummer 5 EEG 2009 auf dem Herstellergelände für ausgeschlossen. Nach Ansicht der Clearingstelle wurde das BHKW erst im Juli 2013 in Betrieb genommen, als es erstmalig am Anlagenstandort in Betrieb gesetzt wurde. Da es somit in den Anwendungsbereich des EEG 2012 fiele, sei es vergütungsseitig mit der von der Lieferantin betriebenen Vor-Ort-Anlage, die es über eine Biogasleitung mit Biogas beliefert, gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 EEG 2012 zusammenzufassen.

Bereits in der Vergangenheit hatte sich die Clearingstelle EEG hinsichtlich der Inbetriebnahme von PV-Anlagen nach dem EEG 2009 dahingehend positioniert, dass für die Inbetriebnahme der Produktions- und Vertriebsprozess abgeschlossen sein müsse (Hinweis 2010/ 1 und Votum 2014/ 8). Dies erfordere, dass der Anspruchssteller über die Module verfüge, also eine tatsächliche Sachherrschaft ausübe. Dies sei in der Regel erst der Fall, wenn die Module von den Lieferanten an die Betreiber oder einen von diesen benannten Dritten ausgeliefert worden sind. Hingegen würde der mittelbare Besitz nicht ausreichen. Weiterhin schlussfolgerte die Clearingstelle, dass es ohne die tatsächliche Sachherrschaft bereits an der Anlagenbetreibereigenschaft fehle, so dass es auch keinen Anlagenbetreiber gäbe, der die Inbetriebnahme veranlassen könne. 

Sowohl das vorgenannte Votum als auch der Hinweis seien auf die Inbetriebnahme von Biomasseanlagen übertragbar, denn die Inbetriebnahmedefinition gelte für alle EEG-Anlagen. Weder in Bezug auf die Anlagenbetreiberschaft noch den Vertriebsprozess gäbe es wesentliche Unterschiede zwischen PV-Anlagen und Biomasseanlagen. 

Hinzukam nach Ansicht der Clearingstelle EEG, dass es in dem zu beurteilenden Fall unstreitig nie vorgesehen war, das Satelliten-BHKW auf dem Herstellergelände dauerhaft zur Stromerzeugung zu nutzen. Vielmehr war von vornherein angedacht, die Anlage am Standort zu betreiben, für den zum Zeitpunkt der erstmaligen Inbetriebsetzung auch der Netzanschlusspunkt beantragt und zugewiesen war.

Bewertung

Das Votum der Clearingstelle erscheint – zumindest was die Begründung angeht – wenig überzeugend. Anders als noch im Schiedsspruch vom 10. November 2016 – Az. 2016/27, siehe unsere Meldung vom 31. Januar 2017) setzt sich die Clearingstelle EEG in dem Votum in keiner Weise mit dem vom BGH (Urteil vom 4. November 2015, Az. VIII ZR 244/14, siehe unsere Meldung vom 1. Dezember 2015) vorgegebenen Prüfkanon auseinander.

Bereits der Wortlaut des § 3 Nummer 5 EEG 2009 spricht zunächst gegen die seitens der Clearingstelle EEG vorgenommene Auslegung. Gemäß § 3 Nr. 5 EEG 2009 ist in Inbetriebnahme die 

„erstmalige Inbetriebsetzung der Anlage nach Herstellung ihrer technischen Betriebsbereitschaft unabhängig davon, ob der Generator der Anlage mit erneuerbaren Energien, Grubengas oder sonstigen Energieträgern in Betrieb gesetzt wurde.“

Die Vorgabe, dass die Inbetriebnahme erst erfolgen kann, wenn die Anlage an ihrem bestimmungsgemäßem Standort installiert ist, wurde erst mit der Änderungsfassung des EEG 2012 eingeführt. Aus dem EEG 2009 lässt sich – entgegen OLG Naumburg (Urteil vom 24. Juli 2014 – 2 U 96/13) und OLG Nürnberg (Urteil vom 19. August 2014 – 1 U 440/14) – kein Anhaltspunkt dafür ableiten, dass die Inbetriebnahme nicht auch vor Versetzung einer Anlage an den späteren Standort erfolgen kann. Auch die Voraussetzungen des Abschlusses der Produktions- und Vertriebsprozesse lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Schließlich ist auch das Argument der tatsächlichen Sachherrschaft wenig überzeugend. Denn keine der EEG-Fassungen sieht vor, dass die Inbetriebnahme notwendigerweise durch den späteren Anlagenbetreiber erfolgen muss. Sie ist auch durch den Hersteller denkbar, welcher im Zeitpunkt des Inbetriebsetzens die Verfügungsgewalt über die Anlage hatte; bis zur Veräußerung der Anlage ist dann eben der Hersteller Anlagenbetreiber. Zuletzt erscheint es zweifelhaft, ob in dem gegebenen Fall der Abnahme- und Vertriebsprozess tatsächlich noch nicht abgeschlossen war.

Über die vorgenannten Argumente lässt sich sicher trefflich streiten. Allerdings darf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dabei nicht unberücksichtigt bleiben. Der BGH hat in einem viel diskutierten Grundsatzurteil vom 4. November 2015 (Az. VIII ZR 244/14, siehe unsere Meldung vom 1. Dezember 2015) die Möglichkeit einer „mobilen Inbetriebnahme“ auf ganz anderem Wege abgelehnt als die Clearingstelle EEG und die Oberlandesgerichte. Der BGH fragt primär danach, ob es sich bei der Stromerzeugungseinheit zum Zeitpunkt der Inbetriebsetzung bereits um eine „Anlage“ im Sinne des EEG handelte. Für einzelne PV-Module, die später Teil einer Freiflächenanlage werden, lehnte der BGH dies überraschend ab. Ein BHKW hingegen dürfte auch nach den vom BGH angelegten – und für PV-Anlagen inzwischen durch den Gesetzgeber korrigierten – Kriterien als Anlage im Sinne des EEG zu werten sein. Schließlich wird das BHKW vorliegend als eigenständiges Kraftwerk betrieben und nicht als Teil eines aus 20.000 Modulen bestehenden Freiflächen-Installation. Wenn also der BGH die vorzeitige Inbetriebnahme eines PV-Moduls allein daran scheitern lässt, dass es sich bei einem einzelnen PV-Modul noch nicht um eine Anlage handele, bei einem BHKW die Anlageneigenschaft jedoch unstreitig gegeben ist, spricht viel dafür, dass vorliegend der Zeitpunkt des erstmaligen Betriebs mit Pflanzenöl maßgeblich ist. 

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