In ihrem Hinweis 2018/24 vom 24. Juli 2019 hat sich die Clearingstelle EEG|KWKG (im Folgenden: Clearingstelle) mit verschiedenen Aspekten des Ersetzens von defekten, beschädigten oder gestohlenen PV-Anlagen befasst. Der Hinweis der Clearingstelle wird Anlagen- wie Netzbetreibern als Orientierungshilfe dienen. Aus der Sicht von Anlagenbetreibern ist hervorzuheben, dass die Clearingstelle dem Begriff des „Standorts“ für viele Fälle klarere Konturen gibt. Die neuen PV-Anlagen müssen da-nach – sinnigerweise – nicht auf demselben Quadratmeter stehen wie die ersetzten PV-Anlagen. Ferner positioniert sich die Clea-ringstelle klar dahingehend, dass im Fall von Beschädigungen die ersetzten Solaranlagen nicht verschrottet werden müssen, sondern an anderen Standorten – ohne Förderung nach dem EEG – weiter betrieben wer-den können.
Hintergrund: Die Regelung des § 38b Absatz 2 Satz 1 EEG 2017
Gemäß § 38b Absatz 2 Satz 1 EEG 2017 sind
„Solaranlagen, die aufgrund eines technischen Defekts, einer Beschädigung oder eines Diebstahls Solaranlagen an demselben Standort ersetzen, […] abweichend von § 3 Nummer 30 bis zur Höhe der vor der Ersetzung an demselben Standort installierten Leistung von Solaranlagen als zu dem Zeitpunkt in Betrieb genommen anzusehen, zu dem die ersetzten Anlagen in Betrieb genommen worden sind.“
Dasselbe gilt nach für Solaranlagen in der gesetzlichen Förderung nach § 48 EEG 2017. Auch die Vorgängerfassungen des EEG enthielten seit 2012 entsprechende Normen. Sinn dieser Regelung ist es, zu ermöglichen, dass einzelne Module aus bestimmten Gründen ausgetauscht werden können, ohne dass ihnen ein neues Inbetriebnahmedatum zugewiesen wird. Vielmehr „überträgt“ sich bei Anwendung der Regelung das alte Inbetriebnahmedatum (und damit der alte Vergütungsanspruch) der ausgetauschten Alt-Module auf die neu eingesetzten Ersatzmodule. So soll vermieden werden, dass einzelne Module einer größeren Solar-Installation getrennt voneinander vergütet werden müssen, weil sie – als recht selbstständige Einzelanlagen – unterschiedliche Inbetriebnahmedaten haben.
Voraussetzung hierfür ist aber eben, dass die Voraussetzungen der Austauschregelung erfüllt sind. Und diese sind – wie auch anders im EEG – an vielen Stellen nicht restlos klar bzw. umstritten. Zu eini-gen (leider nicht allen) der wichtigsten praktischen Anwendungsfragen hat sich die Clearingstelle nun in ihrem aktuellen Hinweis positioniert. Auch in der Vergangenheit hatte die Clearingstelle bereits zu einzelnen anderen Fragen im Zusammenhang mit der Austauschregelung Stellung genommen (vgl. hier und hier). Nun aber zu den wichtigsten Aussagen der Clearingstelle im aktuellen Hinweis:
Was ist der „Standort“ der Solaranlagen?
Die Clearingstelle setzt sich zunächst mit der Frage auseinander, was unter dem „Standort“ im Sinne der Modultauschregelung zu verstehen ist. Dies kann etwa in Fällen von hoher Bedeutung sein, in denen der ursprüngliche Standort gar nicht mehr existiert (z.B. bei einem Hausbrand) oder wenn Ersetzungen in großflächigen Freiflächeninstallationen vorgenommen werden und die Ersatz-Module aus technischen Gründen parkintern an einem anderen Betriebsort aufgestellt werden müssen.
Nach Auffassung der Clearingstelle handelt es sich bei dem Standort um einen fest lokalisierbaren Punkt bzw. eine fest lokalisierbare Fläche. Sodann unterscheidet die Clearingstelle zwischen PV-Anlagen auf Gebäuden und baulichen Anlagen einerseits sowie Freiflächenanlagen andererseits. Im Fall von PV-Anlagen auf Gebäuden und baulichen Anlagen soll das Ersetzen der Solaranlagen stets dann „am selben Standort“ erfolgt sein, wenn die ersetzenden Solaranlagen auf denselben Gebäuden bzw. der baulichen Anlagen, denselben Grundstücken oder denselben Betriebsgeländen errichtet werden, auf denen sich die ersetzten Solaranlagen befanden. Im Fall von Freiflächenanlagen soll hingegen maßgeblich sein, ob sich die ersetzenden Solaranlagen innerhalb derjenigen Flächen befinden, die im jeweiligen Bebauungsplan oder in einem Verfahren nach § 38 Satz 1 BauGB als Errichtungsflächen für die Solaranlagen vorgesehen sind.
Die Clearingstelle geht darüber hinaus davon aus, dass in bestimmten Ausnahmefällen über die genannten Kriterien hinaus auch ein Ersetzen im unmittelbaren Umfeld des Gebäudes, Grundstückes oder Betriebsgeländes in Betracht kommen soll. Dies soll jedoch nur dann gelten, wenn aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen das Ersetzen auf demselben Gebäude, demselben Grundstück oder demselben Betriebsgelände unmöglich ist und die Auslegung der Regelung im vorher dargestellten Sinne im Einzelfall unzumutbaren Ergebnissen führen würde. Das soll insbesondere dann gelten, wenn ein Ersetzen an exakt derselben Stelle aus Gründen unmöglich ist, die nicht in der Sphäre des jeweiligen Anlagenbetreibers liegen und gleichzeitig das Ersetzen an einen benachbarten Ort möglich ist, der noch einen so engen Bezug zum ursprünglichen Standort aufweist, dass bei einer Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls der Begriff des Standortes ausnahmsweise auch als erfüllt zu betrachten ist. Dies dürfte etwa bei Gebäudebrandfällen grundsätzlich in Betracht kommen.
Klarstellung zum Verschrottungsnachweis: Anschub für den Gebraucht-PV-Anlagen-Handel?
Deutlich positioniert sich die Clearingstelle auch zur Frage, was mit den beschädigten oder defekten Modulen geschehen muss, die ersetzt werden. Das ist insbesondere stets dann von Bedeutung, wenn Module zwar eine deutlich niedrigere Leistung aufweisen als sie sollten, aber immer noch nennenswert Strom erzeugen.
In diesem Fall soll es nach der Auffassung der Clearingstelle ohne Weiteres möglich sein, die ersetz-ten Solaranlagen ohne Förderung nach dem EEG weiter zu betreiben, z.B. als reine Eigenversorgungs- oder Inselanlagen oder im Wege der sonstigen Direktvermarktung. Dieser Rechtsauffassung ist uneingeschränkt zuzustimmen: Ein Verschrotten der ersetzten Module verlangt das Gesetz nämlich gerade nicht – anders als einige Netzbetreiber, die teilweise sogar einen sogenannten Verschrottungsnachweis verlangen. Das Gesetz schließt lediglich aus, dass für die ausgetauschten Module weiter die Vergütung gezahlt wird, die ja gerade auf die neuen Ersatzmodule übergehen soll. So soll ein „Klonen“ von Alt-Vergütungsansprüchen verhindert werden, was auch durchaus nachvollziehbar ist. Eine prinzipielle Verschrottung grundsätzlich noch funktionsfähiger Module wird allerdings nirgendwo im Gesetz verlangt – und wäre schon aus ressourcenpolitischen Gründen auch verfehlt. In diesem Zusammenhang wäre auch noch einmal eine Positionierung der Clearingstelle interessant, inwieweit es zulässig ist, reparierte Alt-Module wieder als Ersatzmodule ins Feld zu bringen. Auch dies wäre aus ressourcenpolitischen Gründen höchst sinnvoll, ist aber wegen der insofern nicht restlos klaren Regelung teilweise umstritten.
Es ist jedenfalls erfreulich, dass auch die Clearingstelle jetzt noch einmal ganz ausdrücklich klarstellt, dass (natürlich) ein – ungeförderter – Weiterbetrieb eines ausgetauschten Alt-Moduls möglich bleibt. Allerdings müsse derjenige, der sich auf die Modultauschregelung beruft, also der Betreiber der ersetzenden Anlagen, dem Netzbetreiber nachweisen, dass die ersetzten Anlagen nicht mehr mit der Marktprämie oder Einspeisevergütung gefördert werden. Werden die ersetzten PV-Anlagen z.B. veräußert, so muss er sich vertraglich von dem Erwerber der PV-Anlagen entsprechende Nachweise zusichern lassen. Es dürfte sich im Einzelfall empfehlen, den entsprechenden Nachweis vorab mit dem Netzbetreiber abzustimmen.
Erst Ersetzen, dann Versetzen
Nicht selten ist in der Praxis mit einem Ersetzungsvorgang auch ein Versetzungsvorgang verbunden. Dies kann etwa dann erforderlich sein, wenn das alte Gebäude, auf dem die Anlage installiert war, abgebrannt oder anderweitig beschädigt ist und sich kein geeignetes Nachbargebäude findet. Auch gibt es Fälle, in denen ein Dachpächter Streit mit dem Gebäudeeigentümer hat und mit seiner Anlage „umziehen“ muss – und in diesem Schritt sinnvollerweise auch gleich noch die übermäßig degradierten Module ersetzen möchte. Hierbei stellt sich dann die Frage, in welcher Reihenfolge die Schritte erfolgen müssen. Auch hierzu hat sich die Clearingstelle geäußert.
Im Einklang mit der bereits bislang vorherrschenden Rechtsauffassung in den dazu ergangenen Aufsätzen und Kommentaren ist ein Versetzen der ersetzenden Solaranlagen, das nach dem Ersetzen erfolgt, zulässig. Voraussetzung hierfür ist nach Auffassung der Clearingstelle, dass die ersetzenden Solaranlagen an dem bisherigen Standort tatsächlich installiert und technisch in der Lage waren, Strom zu erzeugen. Denkbar ist unserer Auffassung grundsätzlich auch, die nicht mehr voll funktionstüchtige Anlage zunächst vollständig an einen anderen Standort zu versetzen (dann aber natürlich auch wieder „mit allem Drum und Dran“) und dann dort am neuen Standort in einem nächsten, von der Versetzung vollständig getrennten Schritt, zu ersetzen.
Die Voraussetzungen der fiktiven Fortführung des Inbetriebnahmedatums der ursprünglichen So-laranlagen können jedoch nicht erfüllt sein, wenn die defekten Solaranlagen an einem Standort abgebaut und die neuen Module stattdessen unmittelbar – also ohne jeglichen „Zwischenschritt“ – an einem anderen Standort installiert werden. In diesem Fall greift die Regelung nicht.
Wenngleich dies aus technisch-ökonomischer Sicht bedauernswert ist und sich aus Praktikersicht nicht unmittelbar erschließen kann, ist der Hinweis der Clearingstelle angesichts des klaren Bezugs der Regelung auf das Ersetzen „am Standort“ nachvollziehbar. Nach dem derzeitigen Wortlaut dürfte hier kaum ein Gericht von einem anderen Auslegungsergebnis zu überzeugen sein. Insofern werden wir in der Praxis auch weiterhin nahezu bizarr anmutende Ersetzungs- und Versetzungsmanöver sehen, bei denen sich jeder pragmatische Betrachter nur an den Kopf fassen kann…
Fazit und Bewertung
Der Hinweis der Clearingstelle stellt einen Mehrwert für die Praxis dar, weil er Anlagen- und Netzbetreibern als Orientierungshilfe bei der Auslegung der Regelungen des EEG zum Ersetzen von PV-Anlagen dienen kann. Die Positionierung der Clearingstelle, dass die neuen Anlagen nicht auf demselben Quadratmeter stehen müssen wie die ersetzten Anlagen, ist dabei hervorzuheben.
Ob der Hinweis auch ein Plus an Rechtssicherheit mit sich bringt, wird sich aber leider erst zeigen, wenn sich höherrangige Gerichte zu den gleichen Fragen positioniert haben. In der Vergangenheit ist insbesondere der 8. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs vielfach Hinweisen und Empfehlungen der Clearingstelle entgegengetreten und hat sich anders positioniert. Es bleibt zu hoffen, dass dies hier nicht erneut der Fall sein wird. Anlagenbetreibern ist dennoch zu raten, bei einer allzu weiten Interpretation des „Standortes“ vorsichtig zu sein, auch wenn sie noch durch den Hinweis der Clearingstelle gedeckt scheint. Hier besteht ein erheblicher Auslegungsspielraum, den ein gegebenenfalls mit derselben Konstellation befasstes Gericht auch anders interpretieren könnte.
Spannend dürfte zudem werden, ob Netzbetreiber der Auffassung der Clearingstelle folgen werden, dass ausgetauschte beschädigte oder defekte Module an einem anderen Standort ohne Förderung nach dem EEG weiterbetrieben werden dürfen. Auf die in der Vergangenheit vielfach geforderten Verschrottungsnachweise müssten die Netzbetreiber dann verzichten.
Mit weiteren Praxisfragen, die insbesondere der BSW Solar in seiner Stellungnahme (abrufbar hier) aufgeworfen hatte, hat sich die Clearingstelle leider nicht in der erhofften Tiefe auseinandergesetzt. So muss eine Fußnote des Hinweises wohl dahingehend interpretiert werden, dass auch im Fall von einer gänzlich marginalen Leistungsänderung eine überschießende Leistung als „Neuanlage“ behandelt werden soll, mit allen dazugehörigen Folgen, insbesondere Meldepflichten und Anforderungen an die Messung des erzeugten Stroms. Derartige geringfügige Leistungsänderungen entstehen aber beim Austausch von Solaranlagen – aufgrund des Einsatzes anderer Module, weil die alten schlicht nicht mehr am Markt verfügbar sind – sehr häufig. Logische Konsequenz dürfte es dann aus Anlagenbetreiber sein, stets etwas weniger Leistung als bisher zu installieren. Auch dann ist allerdings eine Leistungsänderung gegeben, die an das Markstammdatenregister zu melden ist, und mag sie noch so klein sein. Zudem ist ein solches Vorgehen technisch nicht immer ohne Weiteres möglich – gerade auch in größeren Installationen. Auch die Frage nach der Zulässigkeit einer „Mitersetzung“ vereinzelter intakter Module, wenn dies aus elektrotechnischen Gründen zwingend erforderlich ist, um die „Stabilität“ der Anlage bzw. des entsprechenden Anlagenbereichs zu gewährleiten, ist nach wie vor nicht abschließend beantwortet. Hier bleibt also für alle Beteiligten noch einiger Klärungsbedarf offen. Am wünschenswertesten wäre dabei aber natürlich im Sinne der Rechtssicherheit, dass dieser Klärungsbedarf direkt vom Gesetzgeber beantwortet wird. Hier sind wir zugegebenermaßen aber nur bedingt optimistisch…