Wer sich mit dem Thema Speicher im Energierecht auseinandersetzt, wird nicht verwundert sein, dass auch das Thema Netzentgelte und Speicher sowohl komplex als auch umstritten ist. Wenn Sie sich für das Thema interessieren, empfehlen wir Ihnen unsere zahlreichen aktuellen Veröffentlichungen hierzu sowie unseren Blog SPEICHER-BAR, sowie unsere Zusammenfassung der aktuellen Clearingstellenempfehlung 2016/12. Doch nun zu den Netzentgelten:
Netzentgelte und sonstige Umlagen und Abgaben bei Speichern – alle Fragen geklärt?
Lassen Sie es uns direkt vorwegnehmen: Natürlich nicht – zum Leidwesen der betroffenen Marktakteure, Investoren und Rechtsanwender. Dies könnte sich allerdings absehbar zumindest in einem bislang umstrittenen Punkt ändern. Dabei geht es um die Frage, wie weit die Netzentgeltbefreiung für den Speicherbezugsstrom reicht und ob hiervon auch die weiteren mit den Netzentgelten erhobenen Abgaben und Umlagen erfasst sind (etwa die KWK-Umlage, die Offshore-Haftungsumlage, die Umlage nach § 19 Absatz 2 StromNEV, die Umlage für abschaltbare Lasten und Konzessionsabgaben). Bislang wurde in der juristischen Fachliteratur überwiegend vertreten, dass diese netznutzungsbezogenen Entgelte, Abgaben und Umlagen im Falle einer Netzentgeltbefreiung ebenfalls wegfallen.
Für Speicher ist dies besonders relevant, da Speicher energierechtlich sowohl als Erzeugungsanlagen als auch – hinsichtlich des Bezugsstroms – als Letztverbraucher gelten. Um zu vermeiden, dass es beim Strombezug zur Beladung und beim „tatsächlichen“ Letztverbrauch nach der Ausspeicherung zu einer Doppelbelastung mit Letztverbraucherabgaben kommt, sind deshalb bestimmte Befreiungstatbestände erforderlich. Eine solche Befreiungsregelung für Speicher enthält § 118 Absatz 6 EnWG. Dieser stellt den Bezugsstrom von Speichern von den Netzentgelten frei, wenn der ausgespeicherte Storm ins Netz der öffentlichen Versorgung eingespeist wird. Im Anschluss an diese Regelung wurde bislang überwiegend vertreten, dass für den Bezugsstrom von Speichern im Fall einer Netzentgeltbefreiung nach § 118 Absatz 6 EnWG auch die weiteren oben genannten Abgaben, Umlagen und Entgelte entfallen.
Doch dieser Auslegung erteilten sowohl die Bundesnetzagentur als auch das Oberlandesgericht Düsseldorf eine Absage (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. März 2016 – VI-3 Kart 17/15 (V), abrufbar hier). So entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf in Übereinstimmung mit einer entsprechenden Entscheidung der Bundesnetzagentur:
„Der Anspruch auf Freistellung von den Entgelten für den Netzzugang erfasst nicht die über den Arbeits- und Leistungspreis hinausgehenden Entgeltkomponenten. Die gesetzlichen Umlagen, die Entgelte für den Messstellenbetrieb, die Messung und Abrechnung sowie die Konzessionsabgaben sind nicht Bestandteil des Entgeltes für die Netznutzung im Sinne des § 118 Absatz 6 EnWG.“
Die Sache liegt derzeit beim Bundesgerichtshof. Solange das Verfahren beim Bundesgerichtshof anhängig ist, besteht also weiterhin Rechtsunsicherheit, ob sich hier die vielfach kritisierte Ansicht des OLG Düsseldorf oder die Ansicht der Literatur durchsetzt.
Auch nach unserer Auffassung sprachen bislang grundsätzlich die besseren Argumente dafür, dass mit den Netzentgelten auch die weiteren Abgaben, Entgelte und Umlagen entfallen. Jedoch wird hierbei auch zu berücksichtigen sein, dass der Gesetzgeber zwischenzeitlich mit § 27b KWKG klargestellt hat, dass zumindest für die KWK-Umlage § 61k EEG 2017 entsprechend anzuwenden ist. Damit kommt es im Ergebnis zu einer Saldierung der Belastungen ein- und ausgespeicherter Strommengen und einer entsprechenden Entlastung des Bezugsstroms (näher zu § 61k etwa hier oder hier). Ob nach dieser Klarstellung noch argumentiert werden kann, dass zumindest die KWK-Umlage im Falle des § 118 Absatz 6 EnWG zusammen mit den Netzentgelten komplett entfällt oder es im Einzelfall jeweils auf die Saldierung der Strommengen ankommt und welche Rückschlüsse hieraus für die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Netzentgelten und weiteren Umlagen und Abgaben zu ziehen sind, wird der BGH hoffentlich in seiner Entscheidung näher erhellen. Jedenfalls soweit der Strom aus dem Speicher ins Netz eingespeist wird, dürfte künftig schon nach § 27b KWKG i.V.m. § 61k Absatz 1 Satz 2 EEG 2017 klar sein, dass die KWK-Umlage entsprechend entfällt. Es bleibt insgesamt zu hoffen, dass der BGH hier im Sinne der Anlagenbetreiber für Klarheit sorgt.
Bundesnetzagentur zu Netzentgelten beim Betrieb von Speichern – Da war doch noch was …?
Ebenfalls ein energierechtlicher Dauerbrenner ist die Frage nach der rechtlichen Behandlung von sogenannten Mischspeichern. Das sind solche Speicher und Speicherkonzepte, bei denen auf der Bezugsseite eine Beladung sowohl mit aus dem Netz bezogenen als auch mit dezentral erzeugtem Strom stattfindet und/oder bei denen nach der Ausspeicherung sowohl eine Einspeisung ins Netz stattfindet als auch eine dezentrale Nutzung des Stroms vor Ort (Direktlieferung oder Eigenversorgung). Neben zahlreichen anderen energierechtlichen Themen – sehen Sie hierzu bei Interesse etwa hier oder hier – stellt sich in solchen Konstellationen regelmäßig die Frage, ob und inwieweit für den Bezugsstrom die Netzentgeltbefreiung des § 118 Absatz 6 EnWG anwendbar ist.
Bislang war man in der Praxis überwiegend davon ausgegangen, dass der Regelung des § 118 Absatz 6 EnWG die Grundidee der Netzparität zugrunde liegt – und dass demnach zumindest derjenige Anteil des Stroms, der zurück ins Netz eingespeist wird, auf Bezugsseite von den Netzentgelten befreit sein muss. Der Wortlaut der Regelung ist insoweit nicht restlos eindeutig. Jedenfalls enthält der Wortlaut aber auch keinen abschließenden Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber hier eine Art Ausschließlichkeitsprinzip zugrunde legen wollte, nach dem die Netzentgeltbefreiung des Bezugsstroms nur dann geltend gemacht werden kann, wenn der gesamte ausgespeicherte Strom ins Netz eingespeist wird. Hierfür besteht vor dem Hintergrund des wesentlichen Normzwecks – Vermeidung einer Doppelbelastung für den aus dem Netz entnommenem und wieder zurück ins Netz eingespeisten Strom – auch kein sachlicher Anlass. Im Wortlaut finden sich vielmehr durchaus Ansatzpunkte dafür, dass der Gesetzgeber hier eine strommengenbezogene Betrachtung ermöglichen wollte. Danach wären – unabhängig von der Art der Nutzung des Speichers – alle Strommengen, die nach der Ausspeicherung wieder ins Netz eingespeist werden, auf der Bezugsseite von den Netzentgelten befreit.
Das zuständige Fachreferat in der Bundesnetzagentur legt die Regelung aber offensichtlich anders aus. Es versandte im Februar diesen Jahres ein Schreiben an verschiedene Verbände und Marktakteure. Die Bundesnetzagentur geht danach davon aus, dass die Möglichkeit der Netzentgeltbefreiung nach § 118 Absatz 6 EnWG wegfällt, wenn die mit dem Stromspeicher „erzeugten“ Strommengen nicht vollständig wieder in das selbe Netz eingespeist werden, sondern zumindest teilweise ohne Netzeinspeisung vor Ort verbraucht werden. Zwar macht die Bundesnetzagentur in dem Schreiben auch deutlich, dass es lediglich eine formlose Mitteilung des aktuellen Rechtsverständnisses der Bundesnetzagentur sei und eine abschließende Prüfung nur im Rahmen eines förmlichen Verfahrens vor den Beschlusskammern getroffen werden kann.
Eine weitergehende Klärung der Frage erscheint vor dem Hintergrund des Schreibens der Bundesnetzagentur nunmehr allerdings unausweichlich. Abschließende Rechtssicherheit werden Speicherbetreiber dabei nur im Rahmen eines besonderen Missbrauchsverfahrens oder im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung erzielen können. Erhebt ein Netzbetreiber gegenüber einem Speicherbetreiber mit einem Mischnutzungskonzept Netzentgelte, so kann der Speicherbetreiber dieses Vorgehen im Rahmen eines besonderen Missbrauchsverfahrens vor der Bundesnetzagentur überprüfen lassen. Auch käme in einer solchen Konstellation in Betracht, die Zahlung der Netzentgelte zu verweigern und sich vom Netzbetreiber vor einem Gericht auf Zahlung verklagen zu lassen. Noch besser wäre natürlich, wenn der Gesetzgeber selbst die Möglichkeit einer anteiligen Netzentgeltbefreiung ausdrücklich klarstellen würde – etwa, wie im KWKG (siehe oben), durch einen Verweis auf § 61k EEG 2017 oder eine eigenständige Regelung in § 118 Absatz 6 EnWG.
Es bleibt abzuwarten, ob die gewünschte Rechtssicherheit künftig durch entsprechende gesetzgeberische Klarstellungen oder eine behördliche oder gerichtliche Entscheidung erzielt werden wird. Bis dahin wird die fortbestehende Rechtsunsicherheit allein dafür sorgen, dass das eine oder andere Speicherprojekt nicht vorangetrieben werden kann.