Netzausbaugebiet steht fest: Wo der Windenergieausbau künftig gedrosselt wird

15.03.2017 Netzausbaugebiet steht fest: Wo der Windenergieausbau künftig gedrosselt wird

Seitdem bekannt geworden war, dass der Gesetzgeber mit dem EEG 2017 den Ausbau der Windenergie in den ausbaustärksten Landstrichen Deutschlands künftig deckeln möchte, war mit Spannung erwartet worden, welche Regionen in das so genannte Netzausbaugebiet fallen werden. Mit dem Entwurf einer Verordnung zur Einrichtung und Ausgestaltung eines Netzausbaugebietes (Netzausbaugebietsverordnung, NAGV) vom 14. November 2016 hatte die insoweit zuständige Bundesnetzagentur für erste Klarheit gesorgt (wir berichteten). Am 1. März 2017 sind nun die endgültigen Regelungen zum Netzausbaugebiet in Kraft getreten und damit herrscht Klarheit, in welchen Landstrichen nur ein zusätzlich verringerter Ausbau möglich sein wird.

Eine kurze Erinnerung worum es geht:

Künftig soll in den windstärksten Regionen Deutschlands der weitere Ausbau der Windenergie noch über die schon mit Einführung der Ausschreibungen per se einhergehende Beschränkung begrenzt sein. So sollen dort künftig nur noch 58 Prozent derjenigen Leistung, die im Jahresdurchschnitt in den drei Vorjahren (2013 bis 2015) in Betrieb genommen wurde, in den Ausschreibungen bezuschlagt werden können. Dieses sogenannte Netzausbaugebiet darf allerdings höchstens 20 Prozent des deutschen Bundesgebietes erfassen. Im Ergebnis wird also die Ausbaugeschwindigkeit der Windenergie in besonders windstarken Regionen gedrosselt, da der Netzausbau hier nicht hinterherkommt.

Entgegen den ersten Entwürfen für eine eigenständige Netzausbaugebietsverordnung (NAGV) wurden die letztlich beschlossenen Regelungen nunmehr als eigener Abschnitt in die Erneuerbare-Energien-Ausführungsverordnung (EEAV) eingefügt.

Das Netzausbaugebiet umfasst hiernach – wie nach den ersten Entwürfen der NAGV zu erwarten – den nördlichen Teil Niedersachsens, Bremen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern (§ 10 EEAV).

Im Einzelnen umfasst das Netzausbaugebiet die folgenden Landkreise und kreisfreien Städte:

  • im Land Schleswig-Holstein die Kreise Dithmarschen, Herzogtum Lauenburg, Nordfriesland, Ostholstein, Pinneberg, Plön, Rendsburg-Eckernförde, Schleswig-Flensburg, Segeberg, Steinburg und Stormarn sowie die kreisfreien Städte Flensburg, Kiel, Lübeck und Neumünster,
  • im Land Niedersachsen die Landkreise Cuxhaven, Harburg, Lüneburg, Osterholz, Rotenburg (Wümme), Stade, Ammerland, Aurich, Cloppenburg, Emsland, Friesland, Leer, Oldenburg, Vechta, Wesermarsch und Wittmund sowie die kreisfreien Städte Delmenhorst, Emden, Oldenburg und Wilhelmshaven,
  • im Land Mecklenburg-Vorpommern die Landkreise Mecklenburgische Seenplatte, Rostock, Vorpommern-Rügen, Nordwestmecklenburg, Vorpommern-Greifswald, Ludwigslust-Parchim sowie die kreisfreien Städte Rostock und Schwerin sowie
  • die Länder Bremen und Hamburg.

Zudem konkretisiert § 11 EEAV die Obergrenze für Zuschläge für Windenergieanlagen an Land im Netzausbaugebiet: Künftig dürfen hier höchstens für 902 MW Zuschläge erteilt werden. Damit entfällt nach Angaben der Bundesnetzagentur „ein knappes Drittel des jährlichen bundesweiten Ausbaupfads auf eine Fläche, die etwas mehr als ein Sechstel des Bundesgebiets ausmacht.“

Auf diese Rahmenbedingungen muss sich die Branche nunmehr mittelfristig einstellen: Denn erst zum 1. Januar 2020 können erstmals Änderungen an den Regelungen zum Netzausbaugebiet in Kraft treten. Danach kann eine weitere Anpassung alle zwei Jahre stattfinden. Demgemäß werden Gebietszuschnitt und Obergrenze erstmals zum 31. Juli 2019 von der Bundesnetzagentur evaluiert. Ob bis dahin der Netzausbau so weit gekommen ist, dass der Ausbaudeckel für die Nordländer wieder zurückgenommen wird, bleibt abzuwarten.

Die Bundesnetzagentur hat hier weitere Informationen zum Netzausbaugebiet, eine Grafik zum Gebietszuschnitt sowie die eingegangenen Stellungnahmen zur Netzausbaugebietsverordnung veröffentlicht.

Ein kleiner Lichtblick: Im Netzausbaugebiet können unter bestimmten Voraussetzungen künftig größere KWK-Anlagen als zuschaltbare Lasten bei der Nutzung von Power-to-Heat-Modulen gefördert werden. Gegebenenfalls könnte es hier künftig auch für andere Sektorkopplungstechnologien noch einmal spannend werden… Wir berichteten hierzu in unserem letzten Sondernewsletter zum EEG 2017 (sehen Sie dort etwa Seite 42), weitere Informationen finden Sie in diesem Fachaufsatz.

Für Bürgerenergieprojekte halten die Netzausbaugebiete zudem eine Überraschung parat: Wenn das für das Netzausbaugebiet vorgesehene Ausschreibungsvolumen in einer Ausschreibungsrunde überschritten wird, erhalten Bürgerenergieprojekte im Rahmen des Uniform-Pricing nur einen Zuschlag in Höhe des höchsten Gebotes im Netzausbaugebiet und nicht – wie sonst – in Höhe des höchsten Gebots in der gesamten Ausschreibung. Der mit dem Uniform-Pricing einhergehende Vorteil kann hierdurch im Netzausbaugebiet wesentlich geringer ausfallen als anderswo. 

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