Ein von einer Biogasanlage an einen anderen Standort versetztes BHKW verliert nicht in jedem Fall sein bisheriges Inbetriebnahmedatum, wenn es am ursprünglichen Standort ersetzt wird. Das hat die Clearingstelle EEG KWKG (im Folgenden: Clearingstelle) in einem jüngst veröffentlichten Votum vom 17. November 2017 (Az. 2017/39) entschieden. Damit korrigiert die Clearingstelle angesichts der Einführung der Höchstbemessungsleistung ihre bisherige, in der Praxis weitgehend befolgte Rechtsauffassung zur sog. Sperrwirkung der Austauschregelung beim Austausch von BHKW. Zugleich stellt sich die Clearingstelle EEG auf den Standpunkt, dass das versetzte BHKW nicht sein tatsächliches, sondern sein aufgrund der zwischenzeitlichen Zuordnung zu einer Biogasanlage erworbenes „fiktives“ Inbetriebnahmedatum beibehält.
Der Fall: Versetzen und Ersetzen von BHKW
Die Clearingstelle hatte mal wieder einen „Biogas-Fall“ auf dem Tisch – und noch dazu einen äußerst praxisrelevanten: Ein Biogasanlagenbetreiber hat eine im Jahr 2005 errichtete Biogasanlage im Jahr 2011 um ein 250-kW-BHKW erweitert. Dieses BHKW hat der Betreiber noch vor dem 1. August 2014 zur Erschließung einer eigenständigen Wärmesenke an einen sog. Satelliten-Standort versetzt. Nunmehr plant der Anlagenbetreiber die Vor-Ort-Anlage durch Zubau eines neuen BHKW mit einer Leistung von ca. 500 kW für den flexiblen Anlagenbetrieb zu erweitern.
Der Anlagenbetreiber und der Netzbetreiber stritten über die Frage, ob im Falle der nun geplanten Anlagenerweiterung die von der Clearingstelle entwickelte „Sperrwirkung der Austauschregelung“ greift. In diesem Fall würde das Inbetriebnahmedatum des Satelliten-BHKW mit dem Zubau des Flex-BHKW „verloren“ gehen. Als Inbetriebnahmedatum soll dann der Zeitpunkt gelten, an dem das BHKW versetzt worden ist.
Weiter stellte sich für den Fall der Unbeachtlichkeit der Sperrwirkung die Folgefrage, ob das Satelliten-BHKW mit dem Versetzen das Inbetriebnahmedatum der Vor-Ort-Anlage im Jahr 2005 beibehält, oder als Inbetriebnahmedatum der Zeitpunkt der erstmaligen Inbetriebsetzung des BHKW im Jahr 2011 gilt. Die Clearingstelle hatte also über zwei äußerst gewichtige Praxisfragen zu entscheiden.
Der Hintergrund: Sperrwirkung der Austauschregelung
Die Clearingstelle hat in einer viel beachteten Empfehlung vom 2. Juli 2014, Az. 2012/19 (wir berichteten), entschieden, dass ein BHKW, welches an einen anderen (Satelliten-) Standort versetzt worden ist, nur dann sein Inbetriebnahmedatum behält, wenn es am bisherigen Standort nicht durch ein neues BHKW ausgetauscht wird (sog. Sperrwirkung der Austauschregelung).
Begründet wurde diese Rechtsauffassung letztlich mit Erwägungen dazu, dass anderenfalls durch gezieltes Ver- und Ersetzen von BHKW neue Anlagen mit für die EEG-Vergütung attraktiven Inbetriebnahmedaten geschaffen, und die vergleichsweise hohen Vergütungsansprüche für ältere Anlagen insgesamt vermehrt werden könnten. Auch wenn sich diese Auffassung aus dem Wortlaut oder der Systematik des EEG wohl nur schwer ableiten lässt, wurde sie weitgehend von der Praxis übernommen (kritisch hierzu Hennig/von Bredow/Valentin, in: Frenz/Müggenborg/Cosack/Hennig/Schomerus, EEG, 5. Auflage 2017, § 3 Rn. 214).
Die Entscheidung: Kein Verlust des Inbetriebnahmedatums nach Austausch
Für den vorliegenden Fall hat die Clearingstelle nun entschieden, dass das Inbetriebnahmedatum eines versetzten (Satelliten-) BHKW durch einen Austausch am ursprünglichen Standort nicht verloren geht und damit die „Sperrwirkung der Austauschregelung“ nicht greift.
Die Anwendung der Regelung zur Sperrwirkung sei nämlich jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn die Regelung zur Höchstbemessungsleistung in § 101 Absatz 1 EEG 2017 dazu führt, dass trotz eines BHKW-Austauschs alte Vergütungsansprüche nicht „vermehrt“ werden.
Dies ist im vorliegenden Fall gegeben.
Die zum 1. August 2014 eingeführte Höchstbemessungsleistung verhindert genau die befürchtete „Vermehrung“ von Vergütungsansprüchen. Nach § 101 Absatz 1 EEG 2017 ist die nach dem EEG vergütungsfähige Strommenge im Kalenderjahr auf 95 Prozent der am 31. Juli 2014 installierten Leistung, oder auf die höchste in einem Kalenderjahr vor 2014 erbrachte Bemessungsleistung begrenzt. Die Höchstbemessungsleistung einer Anlage steht also seit dem 1. August 2014 fest. Damit ist gleichzeitig die vergütungsfähige Strommenge des gesamten, vor dem 1. August 2014 in Betrieb genommenen Biogas-Anlagenbestands in der Bundesrepublik Deutschland gedeckelt worden.
Eine Erhöhung der Höchstbemessungsleistung und damit der „Vergütungsansprüche“ durch den Austausch, oder Zubau von neuen BHKW ist durch die Regelung ausgeschlossen. Die Höchstbemessungsleistung setzt – ohne Auslegungsspielraum – dieselben Ziele um, die die Clearingstelle mit der Sperrwirkung der Austauschregelung vor Augen hatte.
Dabei kommt es nach Auffassung der Clearingstelle für die „Ausnahme“ von der Sperrwirkung nicht darauf an, ob der Zubau funktional als „Austausch“ eines vor dem 1. August 2014 versetzten BHKW zu bewerten ist. Eine „missbräuchliche“ Vermehrung der Vergütungsansprüche ist nicht mehr möglich – egal, zu welchem Zweck das neue BHKW zugebaut wird, oder in welchem zeitlichen Abstand der Austausch erfolgt.
Ausnahme auch bei Versetzen nach dem 31. Juli 2014?
Die Entscheidung gilt dann, wenn ein BHKW vor dem 1. August 2014 versetzt und nach dem 31. Juli 2014 durch ein neues BHKW ersetzt worden ist.
Leider konnte sich die Clearingstelle, die es angesichts der unzureichenden gesetzlichen Regelungen offenbar weiter vermeiden will, zu den Fragen der Höchstbemessungsleistung beim Versetzen von BHKW Stellung zu nehmen, am Ende nicht dazu durchringen, ihre Rechtsauffassung (ausdrücklich) auch auf Fälle zu übertragen, in denen sowohl das Versetzen, als auch der Zubau nach dem 31. Juli 2014 erfolgt sind. Wie in diesen Fällen zu verfahren ist, lässt die Clearingstelle offen. Dabei ist es naheliegend, auch für diese Fälle die Anwendung der Sperrwirkung zu verneinen.
Es lässt sich im EEG nämlich kein Anhaltspunkt dafür finden, die beiden Fälle unterschiedlich zu behandeln. Einzig unterscheiden sich die Fälle darin, dass beim Versetzen eines BHKW nach dem 31. Juli 2014 neben der Frage zur Mitnahme des Inbetriebnahmedatums auch geklärt werden muss, ob das BHKW die Höchstbemessungsleistung an den neuen Anlagenstandort (anteilig) mitnimmt. Dieser Umstand kann jedoch nur schwerlich zu einem unterschiedlichen Ergebnis für die Mitnahme des Inbetriebnahmedatums führen. Es wäre völlig unklar, aus welcher Rechtsnorm, oder auch aus welchem sachlichen Grund sich eine solche Unterscheidung ergeben könnte.
Daher ist es nur konsequent, die Sperrwirkung für sämtliche Fälle aufzuheben, in denen BHKW nach dem 31. Juli 2014 ausgetauscht worden sind. Die Frage zum Verbleib der Höchstbemessungsleistung stellt auch kein die Mitnahme des Inbetriebnahmedatums hinderndes „Problem“ dar. Folgender Lösungsvorschlag könnte sich hier anbieten: Durch das Versetzen eines BHKW wird die Anlage „aufgeteilt“. Daher behält das BHKW auch das Inbetriebnahmedatum der Vor-Ort-Anlage. Diese „Theorie der Anlagenteilung“ wird offensichtlich auch von der Clearingstelle vertreten, wenn es um die Frage geht, welches Inbetriebnahmedatum für das versetzte BHKW gilt (hierzu sogleich). Gleichzeitig lässt sich so sauber begründen, dass das BHKW anteilig auch die Höchstbemessungsleistung an den neuen Standort mitnimmt. Dies wäre ein systematisch stringentes und für die Praxis gangbares Ergebnis – und eine Vermehrung der Vergütungsansprüche bliebe weiterhin ausgeschlossen (im Einzelnen hierzu von Bredow/Hennig, in: Frenz/Müggenborg/Cosack/Hennig/Schomerus, EEG, 5. Auflage 2017, § 101 Rn. 26ff.).
Kein neues Inbetriebnahmedatum für versetztes BHKW
Da die Clearingstelle zum Schluss gekommen ist, dass die Sperrwirkung der Austauschregelung für das versetzte BHKW nicht anzuwenden ist, war auch darüber zu entscheiden, ob, das BHKW das Inbetriebnahmedatum der Biogasanlage aus dem Jahr 2005 mitnimmt oder das Jahr der erstmaligen Inbetriebsetzung des BHKW im Jahr 2011 als Inbetriebnahmedatum anzusehen ist.
Die Clearingstelle hat entschieden, dass das Satelliten-BHKW das von der Ausgangsanlage übernommene, „fiktive“ Inbetriebnahmejahr 2005 beibehält.
Sie begründet die Auffassung damit, dass das zeitlich nachträglich zugebaute BHKW nicht eigenständig im Sinne des EEG in Betrieb genommen worden ist. Denn die Inbetriebnahme setze voraus, dass „die Anlage“ erstmalig in Betrieb gesetzt worden ist. Eine gesonderte Inbetriebnahme einzelner Generatoren sehe das EEG nicht vor. Diese Auffassung ist vor dem Hintergrund der Definition des Inbetriebnahmebegriffs in § 3 Nummer 30 EEG 2017, wonach auf die erstmalige Inbetriebsetzung „der Anlage“ abzustellen ist, nachvollziehbar. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Versetzung eines BHKW rechtlich als „Aufteilung“ der bestehenden Anlage behandelt wird.
Allerdings ist durchaus auch ein Verständnis möglich, wonach im Falle eines Versetzens das Datum des erstmaligen Inbetriebsetzens des BHKW gilt. Denn das BHKW weist nur deshalb das Inbetriebnahmedatum der Vor-Ort-Anlage auf, weil es als Anlagenteil der Vor-Ort-Anlage in Betrieb gesetzt worden ist und eine Anlage wegen § 25 Satz 3 EEG 2017 eben nur ein einheitliches Inbetriebnahmedatum haben kann. Wird das BHKW von der Biogasanlage herausgelöst und an einem anderen Standort als eigenständige Anlage im Sinne des EEG betrieben, entfällt der Grund für die Fiktion der Inbetriebnahme. An dem neuen Standort ist das BHKW „die Anlage“. Diese Anlage wurde dann erstmalig im Jahr 2011 in Betrieb gesetzt.
Fazit
Das nun vorliegende Votum ist durchaus zu begrüßen und vor dem Hintergrund der durch die Höchstbemessungsleistung neu geschaffenen Gesetzeslage nur konsequent.
Leider beschränkt die Clearingstelle die Reichweite ihrer Entscheidung allerdings auf Fälle, in denen das BHKW vor dem 1. August 2014 versetzt und durch ein neues BHKW nach dem 31. Juli 2014 ersetzt worden ist. Durch die Beschränkung auf diese recht speziellen Konstellationen erscheint der Nutzen für die Praxis zunächst begrenzt. Letztlich dürfte die Zurückhaltung der Clearingstelle wohl darin begründet sein, dass sie jede Aussage über die Mitnahme der Höchstbemessungsleistung durch ein nach dem 31. Juli 2014 versetztes BHKW zu scheuen scheint.
Dennoch lässt sich aus dem Votum eine für die Praxis ganz wichtige Aussage entnehmen: Sofern der Austausch eines versetzten BHKW nicht zu einer Vermehrung der vergütungsfähigen Anlagenleistung führt, besteht kein Grund für die Anwendung der Sperrwirkung der Austauschregelung. Damit ebnet das Votum den Weg für die diesseits schon lange propagierte Lösung, die bereits in vielen Netzgebieten akzeptiert ist: Ein aus einer bestehenden Biogasanlage herausgelöstes BHKW, das an einen neu geschaffenen Satelliten-Standort versetzt wird, behält sein Inbetriebnahmedatum bei und nimmt einen Teil der Höchstbemessungsleistung mit an den neuen Standort. Die Höchstbemessungsleistung der Biogasanlage verringert sich entsprechend. Eine zuvor, gleichzeitig oder später erfolgende Flexibilisierung der Biogasanlage durch Zubau eines neuen (größeren) BHKW steht dem nicht entgegen. Es bedarf insoweit keiner „Sperrwirkung der Austauschregelung“, da sich die insgesamt nach einer alten Fassung des EEG vergütungsfähige Strommenge nicht erhöht.