Höchstbemessungsleistung höchst umstritten: Clearingstelle EEG veröffentlicht Hinweis

04.01.2016 Höchstbemessungsleistung höchst umstritten: Clearingstelle EEG veröffentlicht Hinweis

Das EEG 2014 legt für die Betreiber von Biogasanlagen die Daumenschrauben an: Vergütet wird nur noch das, was die Anlage schon vor Inkrafttreten des EEG 2014 konnte. Genauer: Für Strommengen, welche die sogenannte Höchstbemessungsleistung der jeweiligen Anlage übersteigen, erhalten die Betreiber von Bestandsanlagen seit August 2014 keine Förderung mehr. Die Höchstbemessungsleistung beträgt 95 Prozent der am 31. Juli 2014 installierten Leistung, wobei Anlagenbetreiber allerdings den Nachweis führen können, dass sie in früheren Jahren eine höhere Durchschnittsleistung, z.B. 97 oder 98 Prozent der installierten Leistung, erreicht haben.

Die Regelungen zur Höchstbemessungsleistung gehören zu den umstrittensten Fragen im EEG 2014. Dies betrifft zum einen grundsätzliche Fragen zur Verfassungsmäßigkeit: Die Regelung greift zweifellos in den Bestandsschutz ein und schränkt zudem auch die künftigen Handlungsmöglichkeiten der Anlagenbetreiber ein. Zum anderen stellen sich aber auch im Tagesgeschäft der Anlagenbetreiber viele Anwendungs- und Auslegungsfragen.

Die Clearingstelle EEG hat nun am 16. Dezember 2015 (Az. 2015/27) einen Hinweis zu einigen wichtigen Auslegungsfragen im Zusammenhang mit der Höchstbemessungsleistung veröffentlicht.

Zudem geht die Clearingstelle EEG kurz auf Fragen zur Bemessungsleistung und installierten Leistung im Zusammenhang mit der Förderung von neuen Biogasanlagen ein. Nachfolgend fassen wir einige wesentliche Ergebnisse zusammen:

Konkretisierungen bei der Definition „installierte Leistung“

Die Clearingstelle EEG stellt klar: Für die Bestimmung der – für die Höchstbemessungsleistung so wichtigen – installierten Leistung kommt es nicht darauf an, wie der Netzanschluss beschaffen ist oder was die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sagt. Ausreichend ist vielmehr die am 31. Juli 2014 faktisch installierte Leistung der Anlage. Leider finden sich im Hinweis allerdings keine weiteren Ausführungen dazu, welche technischen und baulichen Voraussetzungen genau vorliegen müssen, damit eine Leistung tatsächlich als „installiert“ gilt.

Höchstbemessungsleistung für „Rumpfjahre“ zulässig

Ein Betreiber soll sich für die „historische Höchstbemessungsleistung“ nicht auf die in vollständigen Kalenderjahren erbrachte Leistung beschränken müssen. Falls eine Anlage im Inbetriebnahmejahr die höchste jemals erbrachte durchschnittliche Leistung abrufen konnte, soll das Inbetriebnahmejahr für die Bestimmung der (historischen) Höchstbemessungsleistung maßgeblich sein. Wird eine Anlage etwa im März eines Jahres in Betrieb genommen, zählt also nur die im Zeitraum März bis Dezember erbrachte Leistung. Diese Auffassung widerspricht zwar den Ausführungen in der Gesetzesbegründung, ist in sich jedoch konsequent und rechtlich gut vertretbar.

Worauf kommt es an: erzeugte oder eingespeiste Strommenge?

Eine für alle Bestandsanlagen einheitliche Antwort auf die Frage, ob es für die Ermittlung der Höchstbemessungsleistung auf die erzeugte oder die eingespeiste Strommenge ankommt, gibt die Clearingstelle EEG nicht. Entscheidend ist das Inbetriebnahmedatum der Anlage.

Für Anlagen mit Inbetriebnahme vor dem 1. Januar 2012 soll die tatsächlich eingespeiste Strommenge heranzuziehen sein, für Anlagen mit Inbetriebnahme ab dem 1. Januar 2012 hingegen die insgesamt erzeugte Strommenge. Begründet wird dies mit einer unterschiedlichen Definition des Begriffs Bemessungsleistung je nach Inbetriebnahme der Anlage. Diese Auffassung mag zwar vertretbar sein, kann für alte Bestandsanlagen – insbesondere bei anteiliger Eigenversorgung – jedoch zu einer Schlechterstellung führen, die in der Sache nicht gerechtfertigt ist.

Abrechnungsverfahren bei Höchstbemessungsleistung

Nach den Ausführungen der Clearingstelle EEG sind die von den Netzbetreibern durchgeführten Abrechnungsverfahren oftmals unrichtig. Denn häufig wird die Begrenzung der Vergütung auf die Höchstbemessungsleistung anteilig jeden Monat vorgenommen.

Anders nun die Clearingstelle EEG: Die Vergütung soll sich erst dann auf den Monatsmarktwert reduzieren, wenn die Höchstbemessungsleistung der Anlage bezogen auf das gesamte Kalenderjahr erstmalig überschritten wird. Mit anderen Worten: Der Netzbetreiber darf nicht anteilig jeden Monat die Vergütung auf die Höchstbemessungsleistung begrenzen, sondern muss bis zum Erreichen der für das gesamte Jahr geltenden Höchstbemessungsleistung – Monat für Monat – zunächst die vollständige Vergütung auszahlen.

„50 Prozent-Grenze“ für neue Biogasanlagen

Ein wenig aufatmen können Betreiber von Anlagen, die nach dem 31. Juli 2014 in Betrieb genommen worden sind. Die Clearingstelle EEG stellte sich im Hinweisverfahren die Frage, ob die Begrenzung der Förderung auf 50 Prozent der installierten Leistung auch auf den Flexibilitätszuschlag anzuwenden sei. Die Frage wurde mit einem klaren „Nein“ beantwortet.

Fazit

Der Hinweis der Clearingstelle EEG führt für einige, die Höchstbemessungsleistung betreffende, Rechtsfragen zu ersten Ergebnissen, die überwiegend sachgerecht erscheinen. Wichtige und drängende Fragen warten aber auch weiterhin auf eine Klärung:

Welche Auswirkungen auf die Höchstbemessungsleistung hat es, wenn Anlagen oder Anlagenteile an einen anderen Standort versetzt werden, vormals einheitliche Anlagen aufgeteilt oder vormals selbständige Anlagen zusammengefasst werden?

Wie ist die am 31. Juli 2014 installierte Leistung im Detail zu bestimmen? Was gilt z.B. bei Anlagen, die zu diesem Zeitpunkt und ggfs. schon seit einigen Jahren nicht in Betrieb waren? Sind Reserve-BHKW zu berücksichtigen? Was gilt bei Anlagendrosselungen?

Über allem schwebt die Frage, ob die Regelung zur Höchstbemessungsleistung überhaupt verfassungskonform ist. Mehrere Anlagenbetreiber, von denen einige durch den Verein für Nachhaltige Energien e.V. und die Interessengemeinschaft Bestandsschutz unterstützt werden, haben gegen die Regelung Verfassungsbeschwerde eingelegt (wir berichteten). Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus.

 

Ansprechpartner

Dr. Hartwig von Bredow
Rechtsanwalt | Partner

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