Für die Frage, ob die für den Güllebonus vorgeschriebenen 30 Masseprozent eingehalten worden sind, kommt es auf den Gülleanteil im Fermenter an. Dies hat das Oberlandesgericht Naumburg in einem Urteil vom 14. Oktober 2016, Az. 7 U 29/16, entschieden.
Der Streit um den Masseanteil
Ein Anspruch auf den sogenannten Güllebonus (4,0 ct/kWh bis 150 kW und 1,0 ct/kWh bis 500 kW) besteht dann, wenn der Gülleanteil am Substrat jederzeit mindestens 30 Masseprozent beträgt. So weit so gut. Doch lange blieb unklar, ob sich die vorgeschriebene Substratmenge auf den Anteil der zugeführten Einsatzstoffe oder auf die im Fermenter insgesamt enthaltende Substratmenge bezieht.
Dieser nur auf den ersten Blick kleine Unterschied ist von erheblicher praktischer Bedeutung. Denn sofern es nicht auf die Inputmenge, sondern auf den Fermenterinhalt ankommt, bleibt dem Anlagenbetreiber eine größere Flexibilität in der Fahrweise. Befinden sich im Fermenter mehr als 30 Masseprozent Gülle, werden hierdurch kurze Unterschreitungen, oder gar Unterbrechungen der Zufuhr von Gülle möglich – ohne dass der Bonus verloren geht.
Das OLG Naumburg hat sich nun für die betreiberfreundliche Auslegung entschieden und auf den Fermenterinhalt abgestellt. Damit muss der Anlagenbetreiber nicht bei jeder Beschickung der Biogasanlage einen Gülleanteil von 30 Masseprozent gewährleisten.
Begründet hat das OLG Naumburg die Entscheidung unter anderem damit, dass das Wort „jederzeit“ einen nicht näher bestimmten – unbeschränkten – Zeitraum beschreibe. Dies spreche dafür, bei dem „jederzeit-Kriterium“ auf den unbeschränkt fortbestehenden Fermenterinhalt abzustellen. Die Einsatzstoffzufuhr hingegen erfolge gerade nicht „jederzeit“ konstant, sondern in punktuellen Vorgängen.
Bewertung: rechtlich überzeugend und gut für die Anlagenbetreiber
Das nun vorliegende Urteil ist zu begrüßen. Mit überzeugenden Argumenten bestätigt das Urteil eine bereits am 17. November 2015 für einen vergleichbaren Fall ergangene Entscheidung der Clearingstelle EEG vom 17. November 2015 (2015/38). Dabei wird der Branche lösungsorientiert aufgezeigt, wie gewisse Schwankungen bei der Güllezufuhr „ausgeglichen“ werden können, ohne dass der Bonus-Anspruch ganz entfällt.
Dennoch, das Urteil hat die Zulässigkeit einer Verringerung der input-Menge nur für den Fall bestätigt, dass der Gülleanteil im Fermenter zuvor mehr als 30 Masseprozent betrug. Der umgekehrte Fall, dass eine Fehlmenge nachträglich ausgeglichen wird, wäre nach den Ausführungen des OLG Naumburg hingegen wohl unzulässig.
Zudem sollten Anlagenbetreiber die Güllezufuhr möglichst konstant beibehalten. Denn das Risiko, dass der Substratanteil im Fermenter doch einmal unter 30 Masseprozent fällt, bzw. die Einhaltung der 30 Masseprozent nicht nachgewiesen werden kann, verbleibt auch weiterhin beim Anlagenbetreiber.