Der Rechtsstreit zwischen der Verbraucherzentrale NRW e.V. und dem Batteriespeicherhersteller sonnen GmbH über die Unterlassung der Verwendung verschiedener Garantiebedingungen für Batteriespeicher wurde nun in zweiter Instanz beim Oberlandesgericht München entschieden (OLG München vom 02.07.2020 (29 U 4804/19), abrufbar hier). Beim Landgericht in erster Instanz war die Klage der Verbraucherzentrale noch in allen Punkten abgewiesen worden (wir berichteten darüber hier). Nun konnte die Verbraucherzentrale einen Teilerfolg verzeichnen, das OLG gab der Klage in acht der insgesamt 15 Punkte statt. Mit dem Urteil wird die sonnen GmbH zur Unterlassung der Verwendung der beanstandeten Klauseln verpflichtet. Dabei geht es u.a. um die Pflicht des Verbrauchers, Arbeitskosten im Garantiefall tragen zu müssen sowie die Frage, welche Degradation der Batteriezellen der Kunde noch hinnehmen muss. Verbesserungsbedarf sieht das OLG des Weiteren bei einer Klausel, die den Kunden zu Updates zwingt, wenn er seine Garantieansprüche nicht verlieren will. Über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist auch die Feststellung des OLG, dass einige Klauseln keine hinreichende Transparenz in Bezug auf die Weitergabe von Daten aufweisen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Möglichkeit des jederzeitigen Online-Zugriffs
Eine Klausel, die den Kunden verpflichtet, die technischen Voraussetzungen für einen Online-Zugriff auf seine Kosten bereitzustellen, hatte das Landgericht noch als zulässig bewertet. Das OLG sieht jedoch aufgrund eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot in § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers als gegeben an. Bei der Klausel sei nicht eindeutig, auf welches konkrete Vertragsverhältnis sie Anwendung finden soll. Auch bleibe unzulässiger Weise offen, ob die sonnen GmbH den Kunden mit der Klausel zu einer ununterbrochenen Bereitstellung (24h/d; 7d/w) des Online-Zugriffs verpflichten wollte und was eine kurzfristige Unterbrechung für Folgen haben soll. Auch eine weitere Klausel, nach der nicht eingespielte Updates zu einer eingeschränkten Erbringung der vertraglichen Leistungen führen können, wurde durch das OLG für intransparent erklärt. Mit der Formulierung „kann dazu führen“ bleibe unklar, was eine nicht durchgeführte Updateeinspielung konkret für Auswirkungen hat und welche Leistungen aus diesem Grund nicht oder nicht vollständig erbracht werden können.
Unklare Beschreibung des Garantiefalls
Auch in der Beschreibung des Garantiefalls hat das OLG im Gegensatz zum LG einen Verstoß gegen das Transparenzgebot erkannt. Die verwendete Klausel besagte, dass der Garantiefall eintritt, wenn die Kapazität der Batteriezellen 80 % der Nennkapazität unterschreitet oder bei allen anderen Systemteilen eine Abweichung von mehr als 10 % der vereinbarten bzw. zugesicherten Leistungsmerkmale festgestellt wird. Nach der Entscheidung des OLG bleibe bei dieser Formulierung jedoch unklar, was die sonnen GmbH konkret mit „Systemteil“ meint. Auch gehe nicht eindeutig hervor, ob die Abweichung bei allen anderen Systemteilen in der Summe vorliegen muss, bei jedem Systemteil einzeln oder ob die Abweichung bei einem Systemteil ausreichend ist. Angesichts dieser festgestellten Intransparenz der beanstandeten Klausel ließ es das OLG „dahinstehen, ob durch die Klausel der Garantiefall unangemessen eingeschränkt wird“. Auch die Einschätzung des LG, dass eine weitere Klausel, nach der der Verbraucher die Kosten für den Arbeitsaufwand im Garantiefall tragen soll, nicht gegen das Transparenzgebot verstoße, teilte das OLG nicht. Hier sei ebenfalls unklar, was konkret mit „Systemteil“ gemeint ist. Zudem sei bei den vom Kunden zu tragenden Kosten nicht klar, ob die Anfahrt immer von einem Ort aus oder aus verschiedenen Standorten der sonnen GmbH erfolgen wird.
Anforderungen an den Datenschutz
Mit großem Interesse wurde die Entscheidung hinsichtlich der Klauseln erwartet, die den Datenschutz betreffen. Hier hat das OLG vier Klauseln für intransparent erklärt, bei denen das LG zuvor keinen Verstoß festgestellt hatte. Die erste Klausel sollte der sonnen GmbH die Auslesung, Auswertung, Bearbeitung und Speicherung von Daten erlauben. In ihrer Formulierung differenzierte die sonnen GmbH zwischen dem „Updateservice“ einerseits und den „vertragsgegenständlichen Leistungen“ andererseits, wobei der Updateservice aus Sicht der Verbraucherzentrale gerade eine vertraglich geschuldete Leistung darstellt. Durch diese Unterscheidung werde nach Auffassung des OLG aber unklar, was genau unter den Begriff der vertraglichen Leistung fällt. Es sei daher nicht ersichtlich, wann und in welchem Umfang auf die Daten tatsächlich zugegriffen wird.
Auch bei der Klausel, welche die Weiterleitung von Daten an Dritte erlaubt, kritisierte das OLG, dass im Wortlaut zwischen den „vereinbarten Leistungen“ und den „vertragsgegenständlichen Leistungen“ unterschieden wird, ohne dass ersichtlich ist, ob und worin hier ein Unterschied bestehen soll bzw. was konkret unter die vertraglichen Leistungen fällt. Weiterhin beanstandete das OLG, dass aus der Formulierung nicht eindeutig hervor gehe, ob sich die sonnen GmbH hier vorbehalten möchte, Daten auch ohne den konkreten Grund der Erbringung der vereinbarten Leistung weiterzuleiten oder sich dieses Erfordernis auch auf die Weiterleitung beziehen soll.
Weiter entschied das OLG, dass auch die Widerspruchslösung, nach der der Kunde der Verarbeitung seiner Daten widersprechen kann, gegen das Transparenzgebot verstößt. Da weiterhin unklar ist, was alles eine vertragsgegenständliche Leistung darstellen kann, sei hier für den Verbraucher nicht erkennbar, in Bezug auf welchen Inhalt er seine Einwilligung überhaupt widerrufen kann. Aus diesem Grunde ließ das OLG auch hier die eigentlich spannendere Frage offen, nämlich, ob die Klausel auch unter anderen Gesichtspunkten, wie z.B. der DSGVO, unzulässig sein könnte. Dies hatte das LG zuletzt verneint.
Auch beim Wiederspruch gegen den Online-Zugriff, der dem Verbraucher möglich sein soll, bleibe schließlich nach Meinung des OLG unklar, wovon es abhängig sein soll, dass der Updateservice in diesem Falle nicht, unvollständig oder nur gegen die Übernahme von Kosten erfolgen soll.
Weitere von der Verbraucherzentrale beanstandete Klauseln erachtete das OLG, wie schon zuvor das LG, als für nicht kontrollfähig, da es sich bei diesen jeweils nicht um eine Vertragsbedingung im Sinne von § 305 Absatz 1 Satz 1 BGB handele, sondern lediglich um Hinweise oder Verweise.
Fazit
Das Urteil des OLG München bringt der Speicherbranche deutlich weniger neue Erkenntnisse für die Gestaltung von Garantiebedingungen gegenüber Verbrauchern als man sich davon erhofft hatte. Es kann – wenig überraschend – allein (wieder einmal) festgehalten werden, dass bei der Gestaltung von AGB in puncto Klarheit und Transparenz besondere Sorgfalt geboten ist, wenn man als Hersteller keine Angriffsfläche bieten möchte. Insoweit besteht bei einigen AGB sicher noch Nachholbedarf.
Die aus Sicht der Speicherbranche eigentlich spannenden Fragen blieben jedoch unbeantwortet:
- Stellt eine garantierte Zellkapazität von 80 % nach zehn Jahren eine unangemessene Benachteiligung dar?
- Welche Anforderungen dürfen Hersteller an den OnlineZugang stellen?
- Dürfen Garantieansprüche mit dem OnlineZugang stehen und fallen?
- Wie stark wirkt sich das Datenschutzrecht auf die Prüfung der Angemessenheit von Klauseln aus?
Angesichts dieser Tatsache dürfte letztlich auch der Verbraucherverband – trotz des Erfolgs vor dem OLG München – das eigentliche Ziel verfehlt haben, mehr Rechtsklarheit in Bezug auf den Mindestinhalt von Garantien für Verbraucher im Heimspeichermarkt zu schaffen. Denn inhaltlich hat sich das OLG München letztlich leider nur in sehr geringem Maße mit der Materie „Speicher“ befasst.