Ein Diskussionsentwurf oder was von der Stromsteuerbefreiung übrig blieb

02.05.2016 Ein Diskussionsentwurf oder was von der Stromsteuerbefreiung übrig blieb

Vor wenigen Tagen hat das Bundesministerium für Finanzen den Referentenentwurf für ein Zweites Gesetz zur Änderung des Energie- und Stromsteuergesetzes an die Verbände mit der Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme übersandt. Mit diesem Entwurf führt der Gesetzgeber konsequent weiter, was er mit dem Entwurf für das EEG 2016 bereits angedeutet hat: Eine Doppelförderung durch EEG und Stromsteuerbefreiung soll es ab 2017 nicht mehr geben. Auch sonst ist der Entwurf geprägt von Streichungen, Deckelungen und Begrenzungen. Klar ist bereits jetzt, dass zukünftig Stromsteuerbefreiungen seltener gewährt werden und die dezentrale Energieversorgung weiter unter Druck gerät.

Hintergrund der Neuregelungen

Mit dem Änderungsgesetz soll zum einen die vom Bundestag beschlossene Verlängerung der steuerrechtlichen Begünstigung von Flüssig- und Erdgas umgesetzt werden, welche sonst im Jahr 2018 auslaufen würde. Zum anderen soll der Entwurf der Umsetzung angeblich zwingender Vorgaben des Europäischen Beihilferechts sowie der Beihilfeentscheidung der Europäischen Kommission im Hinblick auf vorgebliche Doppelförderungen dienen.

Eine entscheidende Änderung ist daher die Klarstellung sowohl im EnergieStG als auch im StromStG, dass eine Steuerbefreiung, -entlastung oder -ermäßigung, die als staatliche Beihilfe anzusehen ist, nur dann gewährt wird, wenn daneben keine weitere Betriebsbeihilfe für dieselben beihilfefähigen Kosten gewährt wird.

Neue Voraussetzungen für Stromsteuerbefreiung

Eine grundlegende Neugestaltung erfahren die Stromsteuerbefreiungstatbestände des § 9 Absatz 1 StromStG, welche in §§ 8 a-e neu gegliedert und dort teilweise mit zusätzlichen Voraussetzungen versehen werden. Inhaltlich unverändert und lediglich in einem neuen Paragrafen geregelt ist die Stromsteuerbefreiung für Strom zur Stromerzeugung.

Hingegen soll für die Steuerbefreiung für Strom aus Notstromanlagen, aus Kleinanlagen sowie aus erneuerbaren Energieträgern künftig notwendig sein, dass der Strom nicht in ein Netz für die allgemeine Versorgung eingespeist wird. Der Entwurf stellt dabei ausdrücklich klar, dass damit auch die kaufmännisch-bilanzielle Einspeisung gemeint ist. Damit geht der Entwurf deutlich weiter als die geplanten Regelungen zum EEG 2016. Bisher war lediglich von einem Verbot der Doppelförderung durch EEG und StromStG die Rede. Durch das grundsätzliche Verbot der kaufmännisch-bilanziellen Einspeisung in das öffentliche Netz soll ausweislich der Begründung des Gesetzgebers auch die Förderung nach dem KWKG erfasst werden.

Befreiung für Strom aus Kleinanlagen

Einen herben Schlag hält der Entwurf für die dezentrale Energieversorgung sowie die Eigenversorgung mit erneuerbaren Energien bereit. Die Befreiung nach § 9 Absatz 1 Nr. 3 StromStG sucht man in den §§ 8 a-e StromStG vergebens. Stattdessen findet sich eine Befreiung für Strom aus Anlagen mit weniger als einem Megawatt, der in unmittelbarer Nähe zur Anlage entnommen wurde.

Weiterhin müssen die verwendeten Energieerzeugnisse versteuert worden sein, es sei denn eine Energiesteuerbefreiung nach §§ 28 oder 53a EnergieStG liegt vor. Diese so harmlos daherkommende Voraussetzung, die auch in der Gesetzesbegründung nicht in ihrem vollen Ausmaß offengelegt wird, hat zwangsläufig eines zur Folge: Betreiber von Wind- oder PV-Anlagen können sich auf diese Befreiungsnorm mangels zu versteuernder Energieerzeugnisse nicht stützen. Im Ergebnis werden diese Betreiber daher schlechter gestellt als Betreiber konventioneller Kleinkraftwerke.

Befreiung für Strom aus erneuerbaren Energien

Die Stromsteuerbefreiung für Strom aus erneuerbaren Energieträgern, die nun in § 8e geregelt werden soll, erfährt dann auch weitreichende Einschnitte:

  • Mit der neuen Definition für Strom aus erneuerbaren Energien stellt der Gesetzgeber klar, dass Strom aus Deponiegas, Klärgas und Biomasse künftig nicht als EE-Strom im Sinne des für die Erneuerbare Energien geltenden Befreiungstatbestandes gelten sollen. In Betracht kommt insoweit allerdings eine Befreiung für Kleinanlagen nach § 8d des Gesetzentwurfes.
  • Begünstigt soll der Strom nur noch sein, wenn der Anlagenbetreiber pro Kalenderjahr weniger als 20 Megawattstunden Strom erzeugt. Bei einem Überschreiten der Obergrenze fällt die Stromsteuer in voller Höhe nicht nur für die überschießende, sondern für die gesamte Strommenge an. Von der Stromsteuer befreit sein werden damit nur noch Eigenversorger im privaten oder kleingewerblichen Bereich.
  • Weiterhin muss der Strom neuerdings auch in unmittelbarer Nähe zur Anlage entnommen werden. Dies scheint deutlich enger gefasst als der „räumliche Zusammenhang“ bei der Stromsteuerbefreiung für Kleinanlagen.
  • Schließlich muss der Anlagenbetreiber dem Netzbetreiber die Strommengen aus erneuerbaren Energien, die nicht eingespeist werden, bis zum 28. Februar mitteilen. Die Nichteinhaltung dieser Mitteilungspflicht soll eine Ordnungswidrigkeit darstellen, nach dem Gesetzeswortlaut aber nicht zum Entfallen der Stromsteuerbefreiung führen.
  • Auch hier gilt das Verbot der Doppelförderung.

Stolperstein für E-Mobilität

Entgegen aller politischen Bekenntnisse zur Elektromobilität stellt der Gesetzentwurf klar, dass weder die teilweise Steuerentlastung nach § 9b StromStG noch der Spitzenausgleich für Unternehmen des produzierenden Gewerbes gewährt werden, soweit der Strom für Zwecke der Elektromobilität verwendet wird. Im Betrieb verwendete Elektrofahrzeuge können daher nicht stromsteuerfrei aufgeladen werden.

Regelung zu Batteriespeichern

Positiv ist zwar die Aufnahme einer Regelung, nach der zur Vermeidung einer doppelten Entstehung der Stromsteuer stationäre Batteriespeicher als Bestandteil des Versorgungsnetzes betrachtet werden können. Denn nach der Systematik des Stromsteuergesetzes würde die Steuer grundsätzlich nach der Entnahme des zunächst zwischengespeicherten Stroms erneut entstehen. Durch die fiktive Einbindung in das Versorgungsnetz wird die Steuerentstehung daher auf den Zeitpunkt verlegt, in dem der Strom nach der Zwischenspeicherung ein weiteres Mal aus dem Versorgungsnetz entnommen wird.

Damit soll ein Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom 31. Juli 2014 (Gz. III B 6 – V 4220/14/10001) in den Gesetzeswortlaut überführt werden. Bedauerlich ist, dass die Anerkennung des Zwischenspeichers als Teil des Versorgungsnetzes im Ermessen des Hauptzollamtes liegen soll. Ändert der Verordnungsgeber daher in Zukunft seine Ansicht, kann er die Hauptzollämter per Erlass anweisen, den Batteriespeichern den Status als Versorgungsnetz künftig abzuerkennen.

Zudem stellt der Gesetzgeber klar, dass der Strom zum Betrieb des Batteriespeichers nicht von der Stromsteuerbefreiung erfasst werden soll. Auch sei die Rechtsprechung zur Befreiung für Strom zur Stromerzeugung nicht auf Batteriespeicher anzuwenden.

Weitreichende Verordnungsermächtigung

Schließlich endet der Entwurf mit der Einfügung einer umfassenden Verordnungsermächtigung für das Bundesministerium für Finanzen (BMF) zur Klarstellung und Definition einer Vielzahl von Begriffen und Regelungen. Neben der Definition des Eigenerzeugers soll es der Gesetzgeber dem BMF überlassen, Bestimmungen für die Elektromobilität zu erlassen, die ein Erlaubnisverfahren oder eine Anzeigepflicht sowie Ausnahmen vom Versorgerstatus betreffen und im Zusammenhang mit der Speicherung von Strom ein Verfahren der Steuerentstehung oder -entlastung regeln.

Fazit

Das Bundesfinanzministerium hat mit dem Entwurf ­ganze Arbeit geleistet und will – gerade in Zeiten des Pariser Klimagipfels – den Erneuerbaren Energie sowie der dezentralen Energieversorgung an den Kragen. Die Tage der gleichzeitigen Förderung durch eine Stromsteuerbefreiung und durch das EEG bzw. KWKG sind scheinbar gezählt. Auch die sonstige Begünstigung der dezentralen Energieversorgung sowie der Eigenversorgung mittels Strom aus erneuerbaren Energien wird nach dem Willen des Gesetzgebers ordentlich gestutzt. Indem derartige Stromversorgungskonzepte im Vergleich zu fossilen Konzepten benachteiligt werden, wird die mit der Einführung der Stromsteuer intendierte ökologische Lenkungswirkung endgültig pervertiert. Die neuen Regelungen hätten drastische Folgen für die Wirtschaftlichkeit – gerade auch von Bestandsprojekten. Die Pioniere der Energiewende, die den dezentral erzeugten Strom unter Verzicht auf eine staatliche Förderung selbst nutzen, werden nun ausgerechnet im Namen der Ökosteuer zur Kasse gebeten und in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet.

Einziger Lichtblick ist die Einordnung der Batteriespeicher als Versorgungnetz. Die Zeit für Stellungnahmen zum Diskussionsentwurf sollte innerhalb der Verbände daher dringend genutzt werden, um diesen geplanten Kahlschlag wenigstens in Ansätzen zu verhindern.

Noch ist nichts entschieden. Den Verbänden ist bis zum 19. Mai 2016 Gelegenheit eingeräumt worden, zu dem Gesetzentwurf Stellung zu nehmen.

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