Der Brennstoffemissionshandel – auf die Plätze, fertig… noch nicht ganz

23.11.2020 Der Brennstoffemissionshandel – auf die Plätze, fertig… noch nicht ganz

Am 9. November 2020 wurde das Erste Gesetz zur Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, nachdem es am 9. Oktober im beschleunigten Verfahren beschlossen wurde. Mit dem Gesetz wird die Erhöhung des CO2-Preises, auf die sich Bund und Länder bereits im Dezember 2019 einigten, nun amtlich. Auch darüber hinaus enthält das Änderungsgesetz einige wichtige Neuerungen. Der Brennstoffemissionshandel wird dazu führen, dass sich Erdgas ab 2021 um 0,5 Cent pro kWh verteuert, Benzin um ca. 5,6 Cent pro Liter und Diesel um ca. 6,5 Cent je Liter. Zum Handel verpflichtet sind zwar die Unternehmen, die die Brennstoffe in Verkehr bringen. Diese werden die Kosten aber an ihre Endkunden weitergeben.

Hintergrund

Das Bundesemissionshandelsgesetz (im Folgenden: BEHG) trat bereits am 20. Dezember 2019 in Kraft und schafft die Grundlage für den Handel mit Zertifikaten für Emissionen aus Brennstoffen, soweit sie nicht vom EU-Emissionshandel erfasst sind. Das BEHG ist das Ergebnis der politischen Diskussion um die CO2-Bepreisung als eine der Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele, zu denen sich Deutschland im Pariser Abkommen und der daran anknüpfenden EU-Klimaschutzverordnung verpflichtet hat. Dabei knüpft das BEHG die Verpflichtung zur Teilnahme am Emissionshandel an das Inverkehrbringen von Energieerzeugnissen nach dem Energiesteuergesetz. In den ersten zwei Jahren – der sog. Einführungsphase –  ist die Pflicht zur Abgabe von Emissionszertifikaten allerdings auf die Hauptbrennstoffe Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel begrenzt. Später wird der Emissionshandel dann auch auf die übrigen Brennstoffe ausgeweitet.

Dabei verfolgt der nationale Emissionshandel, der am 1. Januar 2021 beginnt, einen sog. Upstream-Ansatz. Dies bedeutet, dass Unternehmen, die fossile Brennstoffe in Verkehr bringen, verpflichtet sind, die Menge an Zertifikaten zu kaufen und abzugeben, die der Menge an CO2 entspricht, die bei Verbrennung dieser Brennstoffe freigesetzt wird. Dabei entwertet ein Zertifikat eine Tonne CO2. Die Kosten sollen sodann über den Energiepreis an den Kunden weitergereicht werden. Dieser soll durch die höheren Kosten einen Anreiz haben, sein Verbrauchsverhalten anzupassen und z.B. mittels Einsatz von energieeffizienten Technologien den Verbrauch zu reduzieren. Nicht wenige Unternehmen werden allerdings noch prüfen müssen, ob die vorhandenen Lieferbedingungen eine Abwälzung der Kosten für die Emissionszertifikate auf die Endkunden überhaupt zulassen.

Inhalt des Änderungsgesetzes

Das BEHG sieht dabei für die Jahre 2021 bis 2025 einen Festpreis für jede emittierte Tonne CO2 vor. Ab dem Kalenderjahr 2026 sollen die dann Zertifikate versteigert werden, wobei aber für das Jahr 2026 ein Preiskorridor festgelegt ist. Dieser Festpreis wurde nun – wie politisch bereits Ende 2019 beschlossen – durch das erste Änderungsgesetz angehoben von ursprünglich 10 auf 25 Euro für das Jahr 2021, von 20 auf 30 Euro für 2022, von 25 auf 35 Euro für 2023, von 30 auf 45 Euro für 2024 und von 35 auf 55 Euro für 2025. Der bisherige Preiskorridor von 35 bis 60 Euro im Jahr 2026 erhöht sich auf 55 bis 65 Euro für ein Emissionszertifikat.

Eine weitere im Änderungsgesetz enthaltene wichtige Änderung ist die Verlängerung der Frist für den Kauf von Zertifikaten. Diese können von den verantwortlichen Unternehmen nun bis zum 30. September des Folgejahres für das vorherige Jahr nachgekauft werden, anstatt – wie noch in der ursprünglichen Fassung des BEHG vorgesehen – nur bis zum 28. Februar. Die neue Frist läuft nun parallel zur Frist für die Pflicht, die Zertifikate für die im Vorjahr in Verkehr gebrachte Brennstoffmenge abzugeben. Allerdings bleibt es dabei, dass ein Nachkauf zum Festpreis des Vorjahres nur bis zum Umfang von 10 Prozent der in dem besagten Jahr bereits erworbenen Zertifikate möglich ist.

Die Verlängerung der Nachkauffrist ist sehr zu begrüßen, da bis zum 28. Februar häufig noch nicht klar sein dürfte, welche Brennstoffmengen tatsächlich zu melden sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn Informationen von Dritten einzuholen sind, wie zum Beispiel von Abnehmern der Brennstoffe, die diese in Anlagen einsetzen, die dem europäischen Emissionshandel unterliegen. Letzteres ist erforderlich, um – möglichst von vornherein – Doppelbelastungen durch eine Teilnahme an dem europäischen und dem nationalen Emissionshandel zu vermeiden. Solche Mengen dürfen im nach dem BEHG zu erstellenden Emissionsbericht bereits herausgerechnet werden. Einzelheiten zur Vermeidung der Doppelbelastung sollen durch Rechtsverordnung geregelt werden. 

Schließlich wurden mit dem Änderungsgesetz auch die Regeln zur Emissionsberichterstattung angepasst. Nunmehr wird auch Klärschlamm den biogenen Kraftstoffen in § 7 Absatz 4 Nummer 2 BEHG gleichgestellt und kann mit dem Emissionsfaktor „Null“ belegt werden. Die Umsetzung in der dafür vorgesehenen Berichterstattungsverordnung fehlt allerdings noch. Ohnehin ist die Berichtserstattungsverordnung 2022 bisher nur als Referentenentwurf vorhanden und muss an dieser Stelle nun noch angepasst werden. Die Formulierung in § 7 Absatz 4 Nummer 2 BEHG legt nahe, dass für Klärschlämme – anders als für biogene Brennstoffe –  kein Nachhaltigkeitsnachweis erforderlich ist. Auch für Biomethan ist ein solcher Nachhaltigkeitsnachweis ausweislich der Berichtserstattungsverordnung entbehrlich.

Ohne Erfolg waren die Versuche von Vertretern der KWK-Branche, die Wettbewerbsnachteile für KWK-Anlagen abzumildern. So haben verschiedene Verbände vorgeschlagen, die hocheffiziente Brennstoffausnutzung in der Kraft-Wärme-Kopplung über einen reduzierten Emissionsfaktor zu berücksichtigen. Diesem Vorschlag ist der Gesetzgeber jedoch nicht gefolgt. Stattdessen sollen die Auswirkungen der CO2-Bepreisung auf die Wirtschaftlichkeit von KWK-Anlagen im Jahr 2022 nun erst einmal untersucht werden.

Hingegen wurde die Frist für den Erlass einer Rechtsverordnung zur Verhinderung von Carbon-Leakage, d.h. der Abwanderung von wirtschaftlich vom Brennstoffemissionshandel besonders betroffenen Unternehmen und der mit der unternehmerischen Tätigkeit verbundenen Emissionen ins Ausland, gestrichen. Ursprünglich war vorgesehen, dass eine solche Regelung erst ab 2022 möglich sei. Nun soll bereits bis zum Ende dieses Jahres ein Referentenentwurf vorgelegt werden. Bisher gibt es dazu lediglich ein Eckpunktepapier

Ausblick

Bis zum Startschuss für den nationalen Emissionshandel  bleibt nun nicht mehr viel Zeit. Die Pflicht zur Einreichung eines Überwachungsplans gemäß § 6 BEHG für das Jahr 2021 besteht im Grunde genommen sogar schon jetzt und wurde lediglich durch die bisher nur im Entwurf vorliegende BEV 2022 für die Einführungsphase in den Jahren 2021 und 2022 aufgehoben. Auch die Brennstoffemissionshandelsverordnung, welche die Veräußerung der Zertifikate im nationalen Emissionshandel und das nationale Emissionshandelsregister regelt, liegt bislang lediglich als Entwurf vor. Zum Teil fehlen konkretisierende Verordnungen – wie die zum Carbon Leakage oder zum Härtefallausgleich – sogar noch ganz. Einige Fragen, wie die der Anforderungen an die Preisanpassungsklauseln für die Weitergabe des CO2-Preises an die Endkunden, werden zudem in den kommenden Jahren durch die Gerichte geklärt werden. Es bleibt daher für die verpflichteten Unternehmen wichtig, sich mit den bereits klar definierten Pflichten vertraut zu machen und überdies die Entwicklungen in diesem Regelungsbereich weiter genau zu verfolgen.   

Ansprechpartner

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