Die Clearingstelle EEG hat am 31. Juli 2014 die Empfehlung 2012/19 zum Austausch und Versetzen von Anlagen und Anlagenteilen (außer PV und Wasserkraft) im EEG 2009 und 2012 veröffentlicht.
Die Empfehlung wurde seit langer Zeit von der Branche erwartet. Sie ergänzt die Rechtsprechung des BGH zum Anlagenbegriff (Urteil vom 23. Oktober 2013, Az.: VIII ZR 262/12), wonach unter einer Anlage die Gesamtheit aller funktional zusammengehörenden technischen und baulich notwendigen Einrichtungen zu verstehen ist.
Die Empfehlung lässt sich wie folgt zusammenfassen.
- In Fortführung des BGH-Urteils zum Anlagenbegriff sollen nur Einrichtungen, die jedenfalls auch der Stromerzeugung dienen, Bestandteile einer Anlage sein. Anlagenteile, die vorrangig anderen Zwecken dienen, können daher nicht zu einer Zusammenfassung mehrerer BHKW führen.
- Satelliten-BHKW seien dann als selbständige Anlagen zu werten, wenn Sie betriebstechnisch und räumlich von der „Vor-Ort“-Anlage hinreichend abgegrenzt sind. Für das Vorliegen beider Voraussetzungen hat die Clearingstelle jeweils einen Indizienkatalog entwickelt. Allgemein empfiehlt die Clearingstelle zur Auslegung der beiden Begriffe „betriebstechnische“ und „räumliche“ Abgrenzung Folgendes:
- Von der betriebstechnischen Selbständigkeit sei auszugehen, wenn das BHKW an der Biogasanlage hinweggedacht werden kann und das Satelliten-BHKW gleichwohl ohne erhebliche Änderung des Betriebskonzeptes sinnvoll weiterbetrieben werden kann.
- Eine räumlich ausreichende Abgrenzung soll dann vorliegen, wenn sich das Satelliten-BHKW und die „Vor-Ort“-Anlage an verschiedenen Standorten (z.B. durch unterschiedliche Anschriften abgrenzbar) befinden, nicht jedoch, wenn sie auf einem Betriebsgelände stehen. Nicht entscheidend sei hingegen, ob das Satelliten-BHKW in einer bestimmten Entfernung zum Fermenter stehe.
- Im Fall der Versetzung einer Anlage an einen anderen Standort behalte die Anlage ihr Inbetriebnahmedatum. Dies gelte jedoch nicht, wenn die Anlage zu einer bereits bestehenden Anlage hinzugebaut werde und Gas aus demselben Fermenter wie die „Vor-Ort“-Anlage beziehe. In diesem Fall läge wieder eine Gesamtanlage vor, deren Inbetriebnahmedatum sich nach der ursprünglichen Inbetriebnahme der Gesamtanlage bestimme.
- Ein versetztes BHKW behalte sein Inbetriebnahmedatum nur dann bei, wenn 1. das BHKW am bisherigen Standort nicht ersetzt und 2. das BHKW am neuen Standort als eigenständige Anlage betrieben wird, also weder zu einer bereits in Betrieb genommenen Anlage hinzugebaut noch zum Bestandteil einer neuen, noch zu errichtenden Biogasanlage wird. Hier entfalte das EEG eine „Sperrwirkung“ für die Verdopplung von Inbetriebnahmezeitpunkten. Einzelne Anlagenteile – genannt werden der Motor oder Generator – können nach Auffassung der Clearingstelle das Inbetriebnahmedatum nicht mitnehmen.
- Wird eine Anlage vollständig ersetzt, liege eine neue Inbetriebnahme vor. Dies gelte insbesondere bei Satelliten- und Biomethan-BHKW. Der Austausch einzelner Anlagenteile führe hingegen nicht zu einer Neuinbetriebnahme, es sei denn, es würden planmäßig sukzessive alle Anlagenteile ausgetauscht.
Kritische Würdigung
Nachdem die Clearingstelle ihren „engen Anlagenbegriff“ im Zuge des BGH-Urteils vom 23. Oktober 2013 (Az.: VIII ZR 262/12) aufgeben musste, hat sie mit dieser Stellungnahme die Möglichkeit genutzt, verschiedene noch offene Fragen zum Anlagenbegriff und zur Inbetriebnahme zu klären.
Anlagenbegriff
Ausführlich beschäftigt sich die Clearingstelle mit dem Begriff der „technisch erforderlichen Einrichtungen“, deren gemeinsame Nutzung zu einer Zusammenfassung von Anlagen führt. Zu begrüßen ist, dass die Clearingstelle unter anderem Gärrestelager, die kein Gas zur Verstromung erfassen, eindeutig als nicht technisch erforderliche Anlagenbestandteile betrachtet. Auch die differenzierte Betrachtung zur Gebäudehülle ist hilfreich. Danach führe die Unterbringung von zwei Modulen in einem Gebäude nicht zwingend zu einer Zusammenfassung, wenn die Gebäudehülle nicht als Witterungsschutz für die Stromerzeugung unentbehrlich sei. Insbesondere Container-BHKW können auch ohne eine weitere Hülle auskommen, weshalb deren Unterbringung in einem Gebäude noch nicht dazu führe, dass diese als eine Anlage zu werten seien.
Satelliten-BHKW
Nicht nachvollziehbar ist hingegen, wie die Clearingstelle aus der historischen Auslegung und aus dem BGH-Urteil zum Anlagenbegriff herauslesen konnte, dass ein Satelliten-BHKW nicht nur räumlich, sondern auch betriebstechnisch von der Vor-Ort-Anlage hinreichend abgegrenzt sein muss. In den Gesetzesmaterialien findet sich gerade kein Hinweis darauf, dass zusätzlich zu einer ausreichenden räumlichen Entfernung andere Voraussetzungen für eine selbständige Anlage vorliegen müssen. Der BGH hatte den Begriff des Satelliten-BHKW nicht explizit erwähnt, jedoch festgelegt, dass BHKW aufgrund ihrer räumlichen Entfernung als eigenständige Anlagen zu werten seien. Dies kann nur so zu verstehen sein, dass eine räumliche Abgrenzung ausreicht. Zudem sind die von der Clearingstelle aufgestellten Kriterien zur Beurteilung der betriebstechnischen Selbständigkeit fragwürdig. Dies gilt insbesondere für die Auffassung der Clearingstelle EEG, die Einspeisung mehrerer BHKW in dasselbe Wärmenetz spreche gegen eine betriebstechnische Selbständigkeit.
Sperrwirkung bei Austausch eines BHKW
Kritisch zu würdigen ist auch die von der Clearingstelle behauptete „Sperrwirkung“ des EEG im Hinblick auf eine Verdopplung der Anlage bzw. des Inbetriebnahmedatums. Im EEG findet sich keine Vorschrift, nach der es unmöglich sein soll, durch den Austausch und das Versetzen von BHKW sowohl dem BHKW am alten als auch am neuen Standort das gleiche Inbetriebnahmedatum zu gewähren. Die Empfehlung der Clearingstelle EEG könnte dramatische Folgen haben: Vielfach haben Anlagenbetreiber in der Vergangenheit neue Satelliten-Standorte mit gebrauchten BHKW in Betrieb genommen. Ein Nachweis, dass das BHKW an seinem ursprünglichen Standort nicht gegen ein neues Aggregat ausgetauscht worden ist, dürfte in nicht wenigen Fällen kaum zu erbringen sein.
Sukzessiver Austausch von Anlagenteilen
Fragen werfen auch die Ausführungen der Clearingstelle zum „sukzessiven Austausch“, bei dem nach und nach alle Anlagenteile ersetzt werden, auf. Die Clearingstelle vertritt hier die Ansicht, dass ein sukzessiver Austausch entweder als Neuerrichtung (mit neuem Inbetriebnahmedatum) oder als Austausch (mit Beibehaltung des Inbetriebnahmedatums) zu werten sei. Insoweit komme es darauf an, ob der Austausch Teil eines planmäßigen, einheitlichen Vorgangs gewesen sei oder nicht. Damit dürfte es letztendlich in der Hand des Anlagenbetreibers liegen können, wie der Austausch rechtlich zu bewerten ist. Wird jedoch ein eigenständiges BHKW vollständig, z.B. durch einen Brand, zerstört und muss dann in einem einheitlichen Vorgehen gegen ein neues ausgetauscht werden, kommt es nach Ansicht der Clearingstelle stets zu einer Neuinbetriebnahme. Insbesondere für die Betreiber von Satelliten-BHKW, bei denen die Errichtung der Biogasanlage und der BHKW in unmittelbarem Zusammenhang steht, kann dies zu weitreichenden Problemen führen.
Fazit
Die Empfehlung der Clearingstelle hat für die Biogasbranche Licht- und Schattenseiten. Einerseits vermag die Empfehlung zahlreiche Praxisfragen zu klären. Ersichtlich ist die Clearingstelle EEG bemüht, hier einen Ausgleich zu finden zwischen den Interessen der Anlagenbetreiber und dem Ziel, eine vermeintlich ungewollte Förderung zu vermeiden. Dies zeigen etwa die Ausführungen zur betriebstechnischen Selbständigkeit der Satelliten-BHKW und zum sukzessiven Austausch. Kritisch ist hingegen die von der Clearingstelle EEG entwickelte „Sperrwirkung“ zwischen Austausch und Versetzung zu sehen, für die sich – rechtlich gesehen –keine überzeugende Argumente vorbringen lassen. Die Reaktionen in Literatur und Rechtsprechung bleiben daher abzuwarten. Noch völlig unklar ist zudem, wie sich die Vorgaben des EEG 2014 zur Höchstbemessungsleistung auf die Versetzung von Anlagen oder Anlagenteilen auswirken. Das EEG 2014 war von vornherein nicht Gegenstand dieses Empfehlungsverfahrens.