In einem jüngst veröffentlichten Beschluss vom 12. Februar 2019, - BvR 2914/17 - , abrufbar hier, hatte sich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Degressionsregelungen in § 46a EEG 2017 zu befassen, konkret der zwischen dem 1. März 2017 und dem 1. August 2017 erfolgten Sonderdegression des anzulegenden Werts für Windenergieanlagen an Land in Höhe von 1,05 Prozent pro Monat. Eine Betreiberin zweier Windparks, die im Juni 2017 in Betrieb gegangen waren und entsprechend von der Sonderdegression betroffen waren, war hiergegen vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. Sie machte insofern geltend, dass die mit § 46a EEG 2017 eingeführte Sonderdegression zu dem Zeitpunkt, als sie die Investitionen für die Errichtung ihrer Windparks bereits getroffen hatte, noch nicht absehbar gewesen war. Die Sonderdegression verstoße daher gegen den verfassungsrechtlich zu gewährleistenden Vertrauensschutz.
Die Karlsruher Richter haben die Regelung jedoch als verfassungsmäßig angesehen und festgestellt, dass § 46a EEG 2017 keine echte Rückwirkung entfaltet und den Anforderungen an den Vertrauensschutz genügt. Ein besonders schutzwürdiges Vertrauen der Anlagenbetreiberin auf den Fortbestand der bisher geltenden Vergütungsregelung, insbesondere in den Fortbestand der Höhe der Vergütung, läge nicht vor - ein solches könne nach den insoweit ausdrücklichen gesetzgeberischen Festlegungen erst mit Inbetriebnahme der jeweiligen Anlage begründet werden, so das Gericht.
Hintergrund der Verfassungsbeschwerde – Die Regelung des § 46a EEG 2017
Ein Zahlungsanspruch für Strom aus Windenergieanlagen besteht seit Inkrafttreten des EEG 2017 grundsätzlich nur noch, wenn in einem Ausschreibungsverfahren ein Zuschlag für die Anlage erteilt wurde. Eine Ausnahme hiervon bestand allerdings für sogenannte Übergangsanlagen, die noch vor dem 1. Januar 2019 in Betrieb genommen worden sind, wenn die BImSchG-Genehmigung vor dem 1. Januar 2017 erteilt und vor dem 1. Februar 2017 an das Anlagenregister bei der Bundesnetzagentur gemeldet worden war. Für diese Anlagen wurde der Zahlungsanspruch weiterhin gesetzlich bestimmt. Hintergrund der Regelung war, den Betreibern und Investoren solcher Anlagen Sicherheit hinsichtlich der gesetzlichen Festlegung der Vergütungshöhe zu geben und so bereits vor Inkraftreten des EEG 2017 getätigte Investitionen bzw. das Vertrauen in diese zu schützen. Allerdings war in § 46a EEG 2017 für diese Übergangsanlagen zwischen dem 1. März und dem 1. August 2017 eine Sonderdegression der Vergütung von monatlich 1,05 Prozent vorgesehen.
Worum ging es in dem Beschluss?
Gegen diese Sonderdegression ist die Betreiberin zweier Windparks vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. Die Windparks waren am 10. Oktober 2016 und am 21. Dezember 2016 (also vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum EEG 2017) genehmigt und im Juni 2017 (also nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum EEG 2017) in Betrieb genommen worden. Damit fielen die Anlagen zwar unter den Ausnahmetatbestand des § 22 Absatz 2 EEG 2017, so dass die Vergütungshöhe gesetzlich bestimmt wurde, allerdings unterfielen sie der mit dem EEG 2017 eingeführten Sonderdegression.
Die Anlagenbetreiberin sah hierin eine Verletzung ihres Grundrechts auf Berufsfreiheit aus Artikel 12 Grundgesetz, da nach ihrer Auffassung die im Rahmen der Sonderdegression erfolgte Absenkung der Vergütung nicht mit den Grundsätzen der Rechtssicherheit sowie des Vertrauens- und Investitionsschutzes vereinbar war.
Konkret hatte sich die Anlagenbetreiberin darauf berufen, dass mit den gesetzlich garantierten Vergütungssätzen ein besonderer Vertrauenstatbestand geschaffen worden sei. Dieser würde insbesondere auch für die im Vorfeld der Inbetriebnahme der Anlage erbrachten Investitionen gelten, die im Vertrauen auf den Erhalt der gesetzlichen Vergütung nach dem EEG 2014 getätigt worden waren. Durch die mit dem EEG 2017 eingeführte Sonderdegression sei nun aber eine Umsatzminderung in Höhe von ca. 3 % zu befürchten. Dies gehe über das bisher für solche Absenkungen übliche Maß hinaus und verstoße daher gegen den Vertrauensschutzgrundsatz, welcher Bürger vor der Entwertung bereits getroffener Dispositionen durch eine Änderung der Rechtslage schützen soll.
Was wurde entschieden?
Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde allerdings als unbegründet abgewiesen, da die Regelung zur Sonderdegression in § 46a EEG 2017 den verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Vertrauensschutz genüge und insofern eine Verletzung von Grundrechten der Anlagenbetreiberin nicht erkennbar sei.
So habe, so das Bundesverfassungsgericht, die Anlagenbetreiberin nicht darauf vertrauen können, dass die Vergütung für Strom aus Windenergieanlagen stets in der gleichen Höhe fortbestehen würde. Ein Grund hierfür ergebe sich nicht aus den Regelungen des EEG. Die Übergangsbestimmungen desselben erlaubten lediglich ein Vertrauen darauf, dass trotz des angekündigten Umstiegs auf ein Ausschreibungssystem weiterhin ein gesetzlicher Förderanspruch bestehen kann, „nicht hingegen eine unveränderte Vergütungshöhe“ . Besonderes Vertrauen in den Fortbestand der Förderungshöhe werde vor Inbetriebnahme einer Anlage auch nicht durch den garantierten zwanzigjährigen Vergütungszeitraum begründet. Der garantierte und verfassungsrechtlich besonders geschützte Zeitraum beginne nach der ausdrücklichen gesetzgeberischen Festlegung vielmehr erst mit Inbetriebnahme der jeweiligen Anlage (vgl. § 21 Absatz 2 Satz 3 EEG 2009; § 21 Absatz 2 Satz 2 EEG 2012) und nicht schon mit der Planung, Genehmigung oder Errichtung der Anlage, so der erste Senat.
Zudem sei das Gesetz insbesondere hinsichtlich der Höhe der Förderung bereits in der Vergangenheit häufig und in regelmäßigen Abständen geändert worden. Auch hieraus ergebe sich, dass eventuell bestehendes Vertrauen in den Fortbestand der Vergütungshöhe jedenfalls nicht besonders schutzwürdig sein kann, weil Anlagenbetreiber gerade nicht hätten annehmen können, dass sich die Rechtslage nicht erneut ändern könnte. Auch sei der Systemwechsel hin zu Ausschreibungen bereits seit 2014 bekannt gewesen wie auch die damit verfolgten Ziele der Kostenreduktion und der Mengensteuerung, so dass „eine Absenkung der Förderhöhe im Bereich des Denkbaren lag“ .
In einem „Rechtsgebiet mit derart bewegter Entwicklung kann der Einzelne nur eingeschränkt auf das unveränderte Fortbestehen einer ihm günstigen Rechtslage rechnen“, so das Gericht.
Fazit
Die Entscheidung ist insofern wenig überraschend, als dass die hinsichtlich des Ver-trauensschutzes grundsätzlich anzulegenden Maßstäbe in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinreichend geklärt sind, vgl. etwa hier, ebenso wie die Voraussetzungen für eine echte oder unechte Rückwirkung von Gesetzen, vgl. etwa hier oder hier.
In früheren Entscheidungen hatte das Bundesverfassungsgericht einen besonderen verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz für Investitionen, die auf der Grundlage einer eine bestimmte Vergütung garantierenden Gesetzeslage getätigt wurden, zwar in Betracht gezogen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. September 2016 - 1 BvR 1299/15 -, abrufbar hier). Allerdings soll, aufgrund der gesetzgeberischen Festlegung des EEG, der verfassungsrechtlich besonders geschützte „Vertrauenszeitraum“ jedenfalls erst mit Inbetriebnahme der jeweiligen Anlage beginnen. Im Gegensatz zur zitierten Entscheidung aus dem Jahr 2016 sind vorliegend aber Anlagen betroffen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung noch gar nicht in Betrieb genommen worden waren.
Der vorliegende Beschluss reiht sich insoweit konsequent in die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein. Festgehalten werden kann, dass das Bundesverfassungsgericht einen besonderen Vertrauensschutz für getätigte Investitionen unter bestimmten Voraussetzungen zwar nicht grundsätzlich ausschließt. Das Vertrauen in den Bestand der Regelung ist aber – jedenfalls für solche Anlagen, die erst nach dem Zeitpunkt der Gesetzesänderung in Betrieb genommen wurden – nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts regelmäßig nicht besonders schützenswert.