Betreiber von Biogasanlagen, deren immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit ausschließlich aus der zum 1. Juni 2012 erfolgten Änderung der 4. BImSchV (1,2 Mio. Nm3 Rohgasproduktion pro Jahr) folgt, haben nach einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) keinen Anspruch auf Zahlung des Luftreinhaltungsbonus nach dem EEG 2009 (auch Emissionsminderungs- oder Formaldehydbonus genannt). Anlagenbetreiber, die allein aus diesem Grund in den vergangenen Jahren den Luftreinhaltungsbonus erhalten haben, müssen damit rechnen, dass die Zahlungen von dem jeweiligen Netzbetreiber noch dieses Jahr zurückgefordert werden, und zwar gegebenenfalls für den gesamten seit dem 1. Januar 2013 eingespeisten Strom. Unklar ist hingegen, wie Fälle zu bewerten sind, in denen sich die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit nach der erstmaligen Inbetriebnahme aus einem anderen Grund als der Änderung der 4. BImSchV ergeben hat. Dies betrifft etwa den Fall, dass ein Anlagenbetreiber die Feuerungswärmeleistung seines BHKW nachträglich auf mehr als 1 MW erhöht oder das Güllelager auf mindestens 6.500 m3 erweitert hat.
Hintergrund des Urteils
In dem vom BGH entschiedenen Fall betreibt die Klägerin eine Biogasanlage mit drei Blockheizkraftwerken (BHKW). Diese wurden in den Jahren 2010 und 2011 in Betrieb genommen. Damals bestand für die Anlage keine Genehmigungsbedürftigkeit nach dem BImSchG. Die Biogasanlage einschließlich der BHKW war daher lediglich auf Grundlage einer baurechtlichen Genehmigung errichtet und betrieben worden. Zum 1. Juni 2012 wurde dann die 4. BImSchV geändert. In Folge dieser Änderung ist für die Errichtung und den Betrieb von Biogasanlagen mit einer jährlichen Rohgasproduktion ab 1,2 Mio. Nm3 eine baurechtliche Genehmigung nicht mehr ausreichend. In derartigen Fällen ist seitdem vielmehr eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erforderlich.
Die Biogasanlage der Klägerin war daher – anders als bei Inbetriebnahme – aufgrund der geänderten Voraussetzungen seit dem 1. Juni 2012 nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftig.
Entsprechend machte die Klägerin, da sie die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür als erfüllt ansah, ab diesem Zeitpunkt den Luftreinhaltungsbonus geltend. Diesen erhalten alle Betreiber von Biogasanlagen (nach dem EEG 2009), deren Anlage nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftig ist und die eine behördliche Bescheinigung vorlegen können, dass ihre Anlage die Formaldehydgrenzwerte der TA-Luft einhält.
Das Urteil des BGH
Der BGH hat einen Anspruch des Anlagenbetreibers auf den Luftreinhaltungsbonus abgelehnt. Dies begründet der BGH im Wesentlichen damit, dass die Anlage ursprünglich keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedurfte. Der Umstand, dass sich die 4. BImSchV geändert hat, könne nicht für sich genommen dazu führen, dass dem Anlagenbetreiber nun ein Anspruch auf den Luftreinhaltungsbonus zusteht.
Denn die Anlage der Klägerin sei hier ausschließlich durch die am 1. Juni 2012 erfolgte Änderung der immissionsschutzrechtlichen Vorschriften – und damit mehr oder weniger zufällig – genehmigungsbedürftig geworden.
Fazit
Nach der Entscheidung des BGH ist klar, dass Anlagenbetreiber dann keinen Anspruch auf den Luftreinhaltungsbonus haben, wenn ihre Anlage allein durch die Änderung der 4. BImSchV genehmigungsbedürftig wurde. Die Rückforderungen einzelner Netzbetreiber – die dies in der Vergangenheit noch anders gehandhabt hatten – laufen bereits.
Es ist allerdings im Einzelfall zu differenzieren:
Der Anspruch auf den Luftreinhaltungsbonus besteht selbstverständlich weiterhin für Anlagenbetreiber, die bereits zum Zeitpunkt der erstmaligen Inbetriebnahme eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung benötigten. Auch für vor dem 1. Januar 2009 in Betrieb genommene Anlagen kann – unabhängig von der genehmigungsrechtlichen Situation – der Luftreinhaltungsbonus unverändert in Anspruch genommen werden.
Daneben besteht der Luftreinhaltungsbonus – und hieran ändert auch das Urteil des BGH nichts – durchaus auch weiterhin für Anlagen, die zwar im Zeitpunkt der Inbetriebnahme keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedurften, die aber nach der Inbetriebnahme beispielsweise aufgrund einer Anlagenerweiterung tatsächlich genehmigungsbedürftig wurden. Insbesondere in Fällen, in denen die zwischenzeitlich erweiterte Anlage auch nach der zum Zeitpunkt ihrer ursprünglichen Inbetriebnahme geltenden Rechtslage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedurft hätte, sollte Rückforderungsansprüchen der Netzbetreiber unbedingt widersprochen und der Luftreinhaltungsbonus unverändert geltend gemacht werden. Sofern es nicht zu einer einvernehmlichen Lösung kommt, empfehlen wir, weitere rechtliche Schritte in Erwägung zu ziehen.