BGH bezieht Position zur „kombinierten Einspeisung“ beim Gasnetzanschluss

03.04.2013 BGH bezieht Position zur „kombinierten Einspeisung“ beim Gasnetzanschluss

Mit Beschluss vom 11. Dezember 2012 (Az. EnVR 8/12) hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) im Rahmen einer kürzlich veröffentlichten Kostenentscheidung mit der sogenannten kombinierten Einspeisung beim Netzanschluss von Biogasaufbereitungsanlagen befasst. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ist die abzweigende Verbindungsleitung, die zu dem vorgelagerten Netz führt, „jedenfalls wie“ eine kapazitätserweiternde Maßnahme anzusehen. Der Netzbetreiber ist deshalb verpflichtet, gegebenenfalls auch die kombinierte Einspeisung umzusetzen. Den Beschluss im Wortlaut finden Sie hier.

Hintergrund:

Oft reicht die Aufnahmekapazität des örtlichen Verteilnetzes nicht aus, um eine ganzjährige Einspeisung von Biogas zu gewährleisten. In diesem Fall ist der Netzbetreiber im Rahmen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit verpflichtet, kapazitätserhöhende Maßnahmen zu ergreifen. Neben der Rückspeisung von Gas in das vorgelagerte Netz kommt auch die Herstellung einer Verbindung von dem örtlichen Verteilnetz zu einem anderen Gasnetz oder einem anderen Netzbereich in Betracht.

Bei der kombinierten Einspeisung wird gar nicht erst das gesamte Biomethan in das bestehende örtliche Verteilnetz eingespeist. Vielmehr wird ein Teil des Biomethans über eine weitere separate Leitung zu einem anderen Netz / Netzbereich transportiert. Diese weitere Leitung kann direkt in der Einspeisestation beginnen oder von der zum Ortsnetz führenden Verbindungsleitung abzweigen. Es ist rechtlich umstritten, ob es sich bei der kombinierten Einspeisung um einen nach der Gasnetzzugangsverordnung zulässigen Netzanschluss handelt und ob die zweite Leitung einen Teil des Netzanschlusses oder eine kapazitätserweiternde Maßnahme darstellt.

Verfahrensgang:

In dem der Kostenentscheidung des BGH zugrunde liegenden Fall hatte der Betreiber des örtlichen Verteilnetzes die Einspeisung des Biogases zunächst verweigert. Eine Einspeisung der gesamten Gasmenge in das örtliche Verteilnetz war seiner Ansicht nach – auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit zur Rückspeisung – technisch nicht möglich. Die kombinierte Einspeisung lehnte der Netzbetreiber zunächst ebenfalls ab. Der Anlagenbetreiber hatte daraufhin ein Besonderes Missbrauchsverfahren vor der Landesregulierungsbehörde eingeleitet. Sowohl der Anlagenbetreiber als auch der Netzbetreiber legten gegen die Entscheidung der Landesregulierungsbehörde Beschwerde beim OLG Düsseldorf ein. Das OLG Düsseldorf verwies die Sache an die Regulierungsbehörde zurück, da der Sachverhalt noch weiterer Aufklärung bedürfe. Weiter entschied das OLG Düsseldorf, dass der Netzbetreiber nicht verpflichtet ist, die kombinierte Einspeisung umzusetzen. Denn bei der kombinierten Einspeisung handele es sich um einen in der Gasnetzzugangsverordnung nicht vorgesehenen Anschluss an zwei Netze. Nachdem sich die gegen den Beschluss des OLG Düsseldorf gerichtete Beschwerde erledigt hatte, kam der BGH in seiner Kostenentscheidung zu dem Ergebnis, dass der Netzbetreiber verpflichtet ist, gegebenenfalls auch die kombinierte Einspeisung umzusetzen. Diese sei „jedenfalls wie“ eine kapazitätserweiterende Maßnahme anzusehen.

Fazit:

Die Frage, wie die kombinierte Einspeisung beim Gasnetzanschluss rechtlich zu bewerten ist, ist von hoher Praxisrelevanz. Der BGH hat klargestellt, dass die Netzbetreiber gegebenenfalls auch diese Lösung umsetzen müssen. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen, da die kombinierte Einspeisung in vielen Fällen die gesamtwirtschaftlich günstigste und in einigen Fällen sogar die einzig mögliche Lösung darstellt. Unklar ist, wonach sich bestimmt, welcher Netzbetreiber im Fall der kombinierten Einspeisung Eigentümer und Betreiber des Netzanschlusses und der Verbindungsleitungen wird. Da nach der Gasnetzzugangsverordnung allein der Anschlussnehmer entscheidet, an welches Netz er angeschlossen werden möchte, spricht viel dafür, dass insoweit immer der vom Anschlussnehmer zuerst angefragte Netzbetreiber verpflichtet ist. Zugleich folgt aus dem Wahlrecht des Anschlussnehmers sowie aus dem Grundsatz der gemeinsamen Planung, dass die kombinierte Einspeisung und der damit verbundene Anschluss an zwei Netze nur mit Zustimmung des Anschlussnehmers umgesetzt werden darf.