Ausschreibungen für Windenergie – Sie kommen

21.04.2015 Ausschreibungen für Windenergie – Sie kommen

Über die Sinnhaftigkeit von Ausschreibungen für neue Windenergieanlagen und deren mögliche Ausgestaltung wird derzeit – mitunter heftig – diskutiert.

Eines wird aber immer klarer: Anlagen, für die bis Ende 2016 eine Genehmigung vorliegt, können noch bis 2018 zu den Bedingungen des EEG 2014 realisiert werden. Alle anderen Projekte müssen – und dies ist das klare Ziel der Bundesregierung – in die Ausschreibung. Aufgrund der langen Planungszeiträume ist die Windenergiebranche daher bereits mitten im Thema angekommen und die ersten Vorschläge liegen auf dem Tisch.

Weitgehende Einigkeit besteht bei Branchenvertretern in folgenden Punkten:

  • Die Einführung von Ausschreibungen für Windenergie wird kaum noch aufzuhalten sein.
  • Die Erfahrungen aus den PV-Freiflächenausschreibungen können nur in sehr begrenztem Umfang Anhaltspunkte für die Ausgestaltung der Ausschreibungen für Windenergie liefern.
  • Die mit den Ausschreibungen verbundenen zusätzlichen Risiken müssen eingepreist werden.
  • Ausschreibungen gereichen größeren Unternehmen zum Vorteil, u.a. weil sie das Nichtrealisierungsrisiko über mehrere Projekte streuen können, geringere Risikoaufschläge einkalkulieren können und geringere Finanzierungskosten zu tragen haben. Die Bundesregierung kann dieser systemimmanenten Folge durch das Ausschreibungsdesign nur in begrenztem Maß gegensteuern. Dabei ist der Erhalt der Akteursvielfalt schon im Gesetz als Ziel klar definiert.
  • Allein die Höhe des anzulegenden Wertes soll ausgeschrieben werden. Im Übrigen sollen alle Anforderungen des EEG im Zusammenhang mit der Direktvermarktung und der geltenden Marktprämie beibehalten werden.

Weitaus mehr offene Punkte als Klarheit gibt es hingegen im Hinblick auf die wünschenswerte Ausgestaltung der Ausschreibungen im Detail. Das ist auch nur allzu verständlich. Schließlich haben die betroffenen Akteure je nach Marktrolle (Projektentwickler, Investor, Hersteller, Energieversorger) gänzlich unterschiedliche Interessen.

Einige Diskussionspunkte:

„Frühe“ oder „späte“ Auktion?

Diskutiert werden in diesem Zusammenhang die Präqualifikationsanforderungen, die ein Bieter erfüllen muss, um überhaupt mit einem Projekt an der Ausschreibung teilzunehmen zu dürfen. Sind diese gering, spricht man von einer „frühen“ und bei hohen Anforderungen von einer „späten“ Auktion. Ziel muss es dabei immer sein, einen möglichst hohen Realisierungsgrad zu erreichen. Nach einer Studie der Stiftung für Umweltenergierecht bietet allein eine bestandskräftige Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz eine ausreichende Gewähr dafür, dass ein Projekt auch realisiert werden wird (sog. „späte“ Auktion). Ob eine solche späte Auktion unter Umständen kleineren Projektentwicklern oder Bürgerwindparks zum Vorteil gereicht, ist umstritten. Zwar verhindert die Anforderung des Vorliegens einer BlmSchG-Genehmigung die Spekulation mit Projekten, die noch nicht reif sind und erhöht die Realisierungsquote. Auch gilt: Je höher die materiellen Präqualifikationsanforderungen gesteckt werden, desto weniger zusätzliche finanzielle Sicherheiten müssen von den Bietern gefordert werden. Gleichzeitig sind die Kosten, die mit der Entwicklung eines Projektes bis zur Genehmigung verbunden sind, aber hoch. Ob genügend Projekte tatsächlich bis zur Genehmigung entwickelt werden, obwohl der Zuschlag zu einem bestimmten anzulegenden Wert ungewiss ist, muss sich dann zeigen.

Welches Volumen soll ausgeschrieben werden?

Ein wichtiger Parameter im Zusammengang mit den Ausschreibungen ist natürlich das Ausschreibungsvolumen. Hier wird darüber diskutiert, deutlich höhere Volumina auszuschreiben als den im Gesetz vorgesehen Zubau von 2.500 MW. Da dieser als „Netto-Zubau“ definiert ist, muss beim Ausschreibungsvolumen das Repowering berücksichtigt werden. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob eine gewisse Nichtrealisierungsquote eingeplant werden muss.

Verschuldensabhängige Pönalen?

An den PV-Freiflächenausschreibungen wird kritisiert, dass die Strafzahlungen im Falle einer Nichtrealisierung unabhängig davon anfallen, ob der Projektentwickler die Nichtrealisierung zu vertreten hat oder nicht. Teilweise wird insoweit gefordert, diesen Grundsatz nicht in die Ausschreibungen für Windenergieanlagen zu übernehmen. Das Risiko, dass ein Projekt aufgrund externer Umstände scheitert, besteht schließlich immer.

„de minimis“ – Wer muss nicht in die Ausschreibung?

Von grundlegender Bedeutung für die Akteursstruktur wird sein, ob der Gesetzgeber von den in den EU-Umweltbeihilfen vorgesehenen Ausnahmeregelungen Gebrauch macht. Er hätte danach nach unserem Verständnis die Möglichkeit, Windparks mit bis zu 6 Anlagen und einer Leistung von bis zu 36 MW (6 mal 6 MW) von den Ausschreibungen auszunehmen. Macht er von dieser Ausnahme zumindest in begrenztem Umfang Gebrauch, dürfte es dem gesetzlichen Ziel zu Gute kommen, die Akteursvielfalt zu erhalten.

Mit diesen Themen sind bereits die Diskussionspunkte umrissen, die die Debatte im kommenden Jahr prägen werden. Verschnaufpausen wird es dabei kaum geben. Bereits im Sommer will das Bundeswirtschaftsministerium die Eckpunkte des Ausschreibungsdesigns für alle Energieträger im Entwurf vorlegen. Der Kabinettsbeschluss zum Ausschreibungsgesetz ist für Anfang 2016 geplant.

Klar ist, dass die Branche zeitnah Rechtssicherheit braucht, um sich auf die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen ab 2017 einstellen zu können. Die Entwicklung dieser Projekte läuft derzeit bereits auf Hochtouren.

Ansprechpartner

Dr. Florian Valentin
Rechtsanwalt | Partner

E-Mail: Valentin@vbvh.de
Tel.: 030/8092482-20