Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg hat sich mit Urteil vom 16. Mai 2013 (Az.: 2 U 129/12) dem „weiten“ Anlagenbegriff angeschlossen und sich zugleich zu den Voraussetzungen für das Vorliegen einer sogenannten „modularen Anlage“ positioniert.
Gegenstand der Entscheidung war die Klage eines Anlagenbetreibers auf eine höhere Vergütung. Der Kläger betreibt zwei Biogasanlagen, die sich in räumlicher Nähe zueinander befinden und jeweils über ein BHKW verfügen. Mit dem Biogas aus den beiden Biogasanlagen wird zudem ein drittes BHKW beliefert, dass sich in etwa 100 bis 150 Meter Entfernung befindet. Eine Vermischung des Biogases aus den beiden Biogasanlagen ist dabei aufgrund entsprechender technischer Vorrichtungen ausgeschlossen. Das dritte BHKW war dem Klägervortrag zufolge im Jahr 2006 mit Deponiegas in Betrieb genommen worden. Nach Auffassung des Klägers stellen seine drei BHKW jeweils selbständige Anlagen dar, die weder auf Grundlage des sog. weiten Anlagenbegriffs noch nach § 19 Absatz 1 EEG 2009 zusammengefasst werden durften.
Das OLG Naumburg ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Ohne näher darauf einzugehen, ob das dritte, etwas abgesetzt stehende BHKW als sog. „Satelliten-BHKW“ und damit aufgrund der räumlichen Entfernung als eigenständige Anlagen einzustufen ist, wertet das OLG Naumburg zunächst auf der Grundlage des „weiten Anlagenbegriffs“ alle BHKW die – zumindest „zeitweise“ – durch die gleiche Biogaserzeugungsanlage gespeist werden, als Bestandteil einer Biogasanlage.
Die beiden Biogasanlagen des Klägers fasst das OLG Naumburg dann auf der Grundlage des § 19 Absatz 1 EEG 2009 zusammen. Nach dieser Bestimmung gelten Anlagen, die u.a. in räumlicher Nähe zu einander stehen und den Strom aus gleichartigen Erneuerbaren Energien erzeugen, zum Zweck der Vergütungsermittlung als eine Anlage, wenn sie innerhalb von 12 Kalendermonaten in Betrieb gesetzt worden sind. Diese Voraussetzungen sind nach Ansicht des OLG Naumburg hier erfüllt. Dass eines der BHKW nach dem Klägervortrag bereits im Jahr 2006 mit Deponiegas und somit als EEG-Anlage in Betrieb gesetzt worden ist, ist nach Ansicht des OLG Naumburg unerheblich.
Schließlich findet nach Ansicht des OLG Naumburg auch die Ausnahmeregelung des § 66 Absatz 1a EEG 2009, wonach modulare Anlagen getrennt zu vergüten sind, keine Anwendung. Die Anlagen seien aufgrund der gemeinsamen Nutzung u.a. von Zu- und Ableitungen, des Gülleendlagers und des Fahrsilos durch „bauliche Anlagen“ unmittelbar miteinander verbunden.
Fazit:
Mit dem OLG Naumburg hat sich nunmehr ein drittes Oberlandesgericht für den weiten Anlagenbegriff bei Biogasanlagen ausgesprochen. Blockheizkraftwerke, die von derselben Biogasanlage gespeist werden, sind danach als eine Anlage im Sinne des § 3 Nummer 1 EEG anzusehen, soweit es sich nicht um „abgesetzte BHKW“ bzw. „Satelliten-BHKW“ handelt. Bislang haben bereits das OLG Düsseldorf (Urteil vom 5. Dezember 2012, Az.: VI-2 U (Kart) 7/12) und das OLG Brandenburg (Urteil vom 17. Juli 2012, Az.: 6 U 50/11) den „weiten Anlagenbegriff“ vertreten. Der Anlagenbegriff bleibt allerdings auch nach dieser Entscheidung umstritten. Rechtssicherheit erhofft sich die Branche durch das für Herbst dieses Jahres erwartete Urteil des Bundesgerichtshofs.
Das Urteil des OLG Naumburg enthält darüber hinaus weitere Aussagen, die von erheblicher Bedeutung für die Biogasbranche sind. Die Begründung des Urteils ist allerdings derart knapp, dass viele Fragen offen bleiben. Die zahlreichen sich im Zusammenhang mit dem Anlagenbegriff stellenden Rechtsfragen – etwa zur Eigenständigkeit von Satelliten-BHKW und zur Beibehaltung des Inbetriebnahmedatums im Fall der Umsetzung – behandelt das OLG nicht oder nur in Ansätzen. Bei der Auslegung von § 66 Absatz 1a EEG 2009 greift das Urteil ersichtlich zu kurz. Mit der vorhandenen Literatur setzt sich das OLG nicht angemessen auseinander.