Betreiber von Biomasseanlagen, die zur Anfahr- Zünd- oder Stützfeuerung flüssige Biomasse – etwa Palm-, Soja- oder Rapsöl – einsetzen, müssen ab dem 1. Januar 2017 nach der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung gegenüber dem Netzbetreiber nachweisen, dass die eingesetzte flüssige Biomasse nachhaltig erzeugt worden ist. Gleiches dürfte im Fall des Einsatzes von Pflanzenölmethylester (Biodiesel) gelten. Wird ab 1. Januar 2017 noch flüssige Biomasse eingesetzt, die nicht entsprechend zertifiziert ist, drohen Einbußen bei der EEG-Vergütung.
Die Rechtslage zur Nachweiserbringung für Biomasse
Nach der zum 24. August 2009 bzw. zum 1. Januar 2010 in Kraft getretenen Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung (BioSt-NachV) besteht für Anlagen, die flüssige Biomasse einsetzen nur dann ein Anspruch auf EEG-Förderung, wenn die Biomasse nachhaltig erzeugt worden ist und dies gegenüber dem Netzbetreiber nachgewiesen wird. Mit Einführung der BioSt-NachV sollten die europarechtlich vorgegebenen Ziele für den Schutz von Flächen mit hohem Naturschutzwert, Torfmooren, für eine nachhaltige landwirtschaftliche Bewirtschaftung und auch für die Nutzung von Treibhausgasminderungspotenzialen, umgesetzt werden.
Eine Ausnahme von der Nachweispflicht besteht gemäß § 1 BioSt-NachV allerdings für den Einsatz von flüssiger Biomasse zur Anfahr-Zünd- und Stützfeuerung. Damit müssen Anlagenbetreiber, die feste oder gasförmige Biomasse einsetzen, bislang keinerlei Nachhaltigkeitszertifikate vorlegen.
Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zum EEG 2017 ist aufgrund einer Empfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie die Ausnahme für den Einsatz von Anfahr- Zünd- und Stützfeuerung gestrichen worden. Begründet wurde die Gesetzesänderung – etwas schmal – allein damit, dass nunmehr sichergestellt werden soll, dass sämtliche durch das EEG geförderte flüssige Biomasse nachhaltig erzeugt wird.
Künftig müssen also die Anforderungen nach der BioSt-NachV für sämtliche zur Stromerzeugung eingesetzte flüssige Biomasse gleichermaßen eingehalten werden. Damit erlangt das Thema „Nachhaltigkeitsnachweis“ für alle Biomasseanlagenbetreiber erhebliche Bedeutung.
Die Änderung wird ab dem 1. Januar 2017 gelten. Die Regelung gilt dabei auch für Bestandsanlagen, auch solche, die unter das EEG 2000 oder das EEG 2004 fallen.
Der Nachhaltigkeitsnachweis zur Vorlage beim Netzbetreiber
Anlagenbetreiber sind nach der BioSt-NachV verpflichtet, gegenüber dem Netzbetreiber nachzuweisen, dass beim Einsatz von flüssiger Biomasse die Nachhaltigkeitsanforderungen eingehalten worden sind. Derzeit legen Betreiber, die zur Stromerzeugung flüssige Biomasse einsetzen, die Nachweise jährlich im Rahmen der Konformitätserklärung bis zum 28. Februar eines Jahres vor.
Grundlage für die Überwachung der Einhaltung Nachhaltigkeitsanforderungen sind sog. Zertifizierungssysteme. Sämtliche mit der Herstellung der Biomasse befassten Betriebe (sog. Schnittstellen) müssen sich einem solchen Zertifizierungssystem anschließen und im Rahmen eines Massenbilanzsystems die Rückverfolgbarkeit entlang der Herstellungs- und Lieferkette sicherstellen. Betreiber von Biomasseanlagen selbst müssen sich keinem Zertifizierungssystem anschließen, sollten jedoch prüfen, dass sie einen ordnungsgemäß erstellten Nachhaltigkeitsnachweis erhalten.
Der Nachhaltigkeitsnachweis wir von dem letzten mit der Herstellung der flüssigen Biomasse befassten Betrieb gegenüber dem Lieferanten der Biomasse ausgestellt. Der Lieferant wiederum gibt den Nachhaltigkeitsnachweis an den Anlagenbetreiber zwecks Vorlage beim Netzbetreiber weiter. Der Nachhaltigkeitsnachweis muss folgende Informationen enthalten:
- Namen und Anschrift des ausstellenden Schnittstelle,
- Datum der Ausstellung,
- eine einmalige Nachweisnummer, die sich aus der Zertifikatsnummer der ausstellenden Schnittstelle und einer einmalig zu vergebenden Nummer zusammensetzt,
- Namen des Zertifizierungssystems, in dem der Nachhaltigkeitsnachweis ausgestellt worden ist,
- Menge und Art der flüssigen Biomasse,
- Bestätigung, dass die flüssige Biomasse die Nachhaltigkeitsanforderungen erfüllt,
- Namen und Anschrift des Lieferanten, an den die Biomasse weitergeben wird, und
- eine Bestätigung des Lieferanten, dass bestimmte in § 17 Absatz 1 BioSt-NachV geregelte Anforderungen an die Lieferung auf Grund von Massenbilanzsystemen erfüllt sind.
Nachweispflichten gelten auch für Pflanzenölmethylester
Pflanzenölmethylester, auch bekannt unter dem Namen Biodiesel, ist ein auf Basis von fossilem Methanol hergestelltes Pflanzenöl, etwa Rapsöl. Da Pflanzenölmethylester auch fossile Stoffe beinhaltet, handelt es sich streng genommen gar nicht um Biomasse.
Dennoch spielt der Einsatz von Pflanzenölmethylester für den Einsatz in Biogasanlagen in der Praxis eine wichtige Rolle.
So ist der Einsatz von Pflanzenölmethylester in Anlagen, die vor dem 27. Juni 2004 in Betrieb genommen bzw. nach dem BImSchG genehmigt worden sind, auch weiterhin als regulärer Einsatzstoff zur Stromerzeugung zulässig. Darüber hinaus ist der Einsatz von Pflanzenölmethylester zur Anfahr- Zünd- und Stützfeuerung auch für neuere Biomasseanlagen EEG-konform.
Aufgrund einer gesetzlichen Fiktion nach § 47 Absatz 2 Satz 2 EEG 2014 ist das im Rahmen der notwendigen Anfahr- Zünd- oder Stützfeuerung in Biomasseanlagen eingesetzte Pflanzenölmethylester auch als Biomasse anzusehen und wird entsprechend nach dem EEG vergütet.
Wer Pflanzenölmethylester einsetzt, ist gut beraten, die Nachhaltigkeitsanforderungen ebenfalls einzuhalten. Es ließe sich zwar rechtlich argumentieren, dass die neuen Anforderungen nur für Biomasse im Sinne der Biomasseverordnung gelten, wozu Pflanzenölmethylester nun gerade nicht zählt.
Allerdings sprechen gute Gründe dafür, dass auch Pflanzenölmethylester in die BioSt-NachV einzubeziehen ist. So stellt § 1 BioSt-NachV fest, dass die BioSt-NachV „für flüssige Biomasse [gilt], die nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz zur Erzeugung von Strom eingesetzt wird“. Aufgrund der Fiktion in § 47 Absatz 2 Satz 2 EEG 2014 gilt Pflanzenölmethylester als flüssige Biomasse, die zur Erzeugung von Strom nach dem EEG eingesetzt werden darf.
Auch der Zweck der BioSt-NachV, wonach sichergestellt werden soll, dass die zur Stromerzeugung eingesetzte (flüssige) Biomasse nachhaltig erzeugt wurde, legt die Anwendung für Pflanzenölmethylester, welches zu großen Teilen aus Biomasse besteht, nahe. Zudem war noch in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Biomasseverordnung Pflanzenölmethylester als Biomasse anerkannt, sodass bis dahin die BioSt-NachV zweifelsohne anzuwenden war. Dementsprechend wird „Biodiesel“ auch ausdrücklich im Anhang 2 zur BioSt-NachV erwähnt und die Anwendbarkeit der BioSt-NachV beim Einsatz von Biodiesel zumindest im Grundsatz vorausgesetzt.
Fazit und Bewertung
Die Ausweitung der Nachhaltigkeitsanforderungen auf flüssige Biomasse zur Anfahr- Zünd- oder Stützfeuerung ist für die Praxis von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Zugleich ist es möglicherweise nur der erste Schritt: Auch für gasförmige und feste Biomasse wird es wohl früher oder später Nachhaltigkeitsanforderungen geben.
Viele Motoren benötigen bis zu 10 Prozent Zünd- und Stützfeuerung mit flüssiger Biomasse. Bei Nichteinhaltung der Voraussetzungen verlieren Anlagenbetreiber für diesen Stromanteil ihren EEG-Vergütungsanspruch. Dennoch scheint die Änderung der Regelung bislang kaum Beachtung gefunden zu haben. Anlagenbetreiber sollten möglichst bald prüfen, inwiefern sie die geforderten Nachweise ab dem 1. Januar 2017 erbringen können.
Insbesondere sollten keine (größeren) Mengen flüssige Biomasse ohne Nachhaltigkeitsnachweise mehr eingekauft werden, wenn diese nicht bis Ende des Jahres 2016 verbraucht werden.
Unklar ist, was mit der bereits eingekauften, im Tanklager eingelagerten flüssigen Biomasse geschehen soll. Abhilfe könnte möglicherweise noch die (nachträgliche) Schaffung von Übergangsregelungen bringen. Eine kurzfristige, pragmatische Lösung für die Übergangszeit gab es schon einmal zu den Anfangszeiten der BioSt-NachV:
Mit Erlass vom 10. Dezember 2010 (Az. 524-10014/0078) haben die damals zuständigen Bundesministerien für eine Übergangszeit eine nachträgliche Ausstellung von Nachhaltigkeitsnachweisen für zulässig erklärt. Bislang sind entsprechende Planungen für die Schaffung von Übergangsregelungen, etwa für das Jahr 2017, jedoch nicht bekannt.
Der Einsatz von fossilen Brennstoffen, wie Heizöl, zur notwendigen fossilen Zünd- und Stützfeuerung ist im Übrigen für Anlagen, die vor dem 1. Januar 2007 in Betrieb genommen worden sind, weiterhin zulässig. Damit kann für solche Altanlagen grundsätzlich auch dann eine EEG-Förderung in Anspruch genommen werden, wenn zur Zünd- und Stützfeuerung etwa Heizöl eingesetzt wird. Nachhaltigkeitsanforderungen sind in diesem Fall nicht zu beachten.