Lange Jahre galt für die erneuerbaren Energien das Prinzip „Produce-and-Forget“. Betreiber von Windenergie-, Solar- oder Biogasanlagen speisten den produzierten Strom in das Netz ein und erhielten dafür vom Netzbetreiber eine Einspeisevergütung. Mit dem EEG 2012 läutete der Gesetzgeber aber eine Zeitenwende ein: Die erneuerbaren Energien sollten an den Markt heran geführt werden und Mittel der Wahl war die Direktvermarktung. Was 2012 als freiwillige Option mit Aussicht auf einen Zuverdienst („Manangementprämie“) begann, wurde später, mit dem EEG 2014, dann in vielen Fällen verpflichtende Fördervoraussetzung.
Mittlerweile müssen deshalb alle größeren Projekte den produzierten Strom direkt vermarkten. Auch viele Betreiber von Bestandsanlagen haben aufgrund der wirtschaftlichen Vorteile den Schritt in die Direktvermarktung gewagt. Zugleich haben sich weitere Vermarktungsoptionen entwickelt, etwa die regionale Grünstromvermarktung oder die Regelenergievermarktung. Eines aber haben alle Vermarkungspfade gemeinsam – der Anlagenbetreiber muss einen entsprechenden Vermarktungsvertrag mit einem Stromhändler, Direktvermarkter, Regelenergiepoolanbieter oder Letztverbraucher schließen.
Entwicklung der Direktvermarktung
Die Direktvermarktung war ursprünglich mit dem EEG 2012 eingeführt worden. Damals verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, mittels des neuen Instruments Direktvermarktung einen Anreiz für Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen zu schaffen, Strom bedarfsorientiert zu erzeugen und den produzierten Strom selbständig bzw. mit Hilfe eines Direktvermarkters zu vermarkten.
Die sich bei einer Direktvermarktung des produzierten Stroms eröffnenden Chancen wurden von den Anlagenbetreibern von schnell erkannt. Bereits Ende 2012 wurden ca. 40 % des aus erneuerbaren Energien produzierten Stroms direkt vermarktet. Insbesondere bei Betreibern von Windenergieanlagen hatte sich die Direktvermarktung schnell als Erfolgsmodell etabliert und bereits ein Jahr nach Einführung der Direktvermarktung wurden ca. 80 % der installierten Erzeugungskapazität hier direkt vermarktet. Etwas verhaltener verlief anfänglich noch die Entwicklung bei Biomasse/Biogas und Photovoltaik. Aber auch in diesen Segmenten nahm die Bereitschaft, den Schritt in die Direktvermarktung zu wagen, schnell zu.
Das Inkrafttreten des EEG 2014 im August 2014 brachte dann einen grundlegenden Systemwechsel in der Vergütungssystematik des EEG. Die Direktvermarktung ist seitdem für viele Neuanlagen nicht mehr nur eine Option, sondern eine Fördervoraussetzung. So müssen seit dem 1. Januar 2016 alle neu in Betrieb genommenen Erneuerbare-Energien-Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 100 kW (vom 1. August 2014 bis zum 31. Dezember 2015 galt vorübergehend noch der Grenzwert von 500 kW) den produzierten Strom direkt vermarkten (sog. verpflichtende Direktvermarktung). Ein Anspruch auf die aus der Vergangenheit bekannte Einspeisevergütung besteht nur noch für unter dieser Leistungsschwelle liegende kleine Anlagen. Alle anderen können höchstens noch – und auch dies seit Inkrafttreten des EEG 2017 nur noch zeitlich begrenzt – die sogenannte Ausfallvergütung in Höhe von 80 % des gesetzlich vorgesehenen Wertes geltend machen.
Anders als für neue Anlagen bleibt die Direktvermarktung im Marktprämienmodell für vor dem 1. August 2014 in Betrieb genommene Bestandsanlagen eine Option, die mit einer Erhöhung der gesetzlich festgeschriebenen Vergütung belohnt wird, und zwar um 0,4 ct/kWh bei den fluktuierenden Energieträgern (Solar und Wind) und um 0,2 ct/kWh bei den steuerbaren Energieträgern (Wasserkraft, Biogas/Biomasse, Geothermie).
Formen der Direktvermarktung – Welche Vermarktungswege sieht das Gesetz vor?
Grundsätzlich sieht das EEG zwei verschiedene Vermarktungsformen vor: die mit der Marktprämie geförderte Direktvermarktung und die ungeförderte sonstige Direktvermarktung.
Abgesehen von Ausnahmefällen wählen Anlagenbetreiber in aller Regel die Option der Vermarktung im Marktprämienmodell, in dem weiterhin eine unmittelbare Förderung des produzierten Stroms durch den Netzbetreiber erfolgt.
Die sonstige Direktvermarktung ist hingegen nicht mit einer Förderung nach dem EEG verbunden. Sie wird lediglich vereinzelt im Zusammenhang mit neuen Geschäftsmodellen genutzt, in denen der Strom ohne eine direkte Förderung nach dem EEG als Grünstrom vermarktet wird.
Das Marktprämienmodell – Wie berechnet sich die Förderung?
Im Marktprämienmodell vermarktet der Anlagenbetreiber den produzierten Strom selbst oder über einen von ihm beauftragten Direktvermarktungsunternehmer. Die im Rahmen dieser Vermarktung erzielten Erlöse – beispielsweise durch den Verkauf an der Strombörse oder den von einem Letztverbraucher oder dem Direktvermarkter gezahlten Strompreis – stehen dem Anlagenbetreiber zu.
Zusätzlich – und dies wird in aller Regel nach wie vor den weit überwiegenden Teil der Erlöse bilden – erhält der Anlagenbetreiber von seinem vergütungspflichtigen Netzbetreiber die sogenannte Marktprämie. Die konkrete Höhe dieser Marktprämie berechnet sich dabei aus der Differenz zwischen dem Anzulegenden Wert für die betreffende Erneuerbare-Energien-Anlage (also dem gesetzlich festgelegten Vergütungssatz, auf den bei Bestandsanlagen noch der „Vermarktungsbonus“ in Höhe von 0,2 oder 0,4 ct/kWh aufzuschlagen ist) und dem energieträgerspezifischen Monatsmarktwert. Dieser energieträgerspezifische Monatsmarktwert ist der durchschnittliche Marktwert für Strom aus dem jeweiligen Energieträger (bspw. aus Onshore Windenergieanlagen oder aus Solaranlagen) an der Strombörse EPEX Spot SE.
Gesetzliche Pflichten bei der Direktvermarktung
Um an der Direktvermarktung teilnehmen zu können bzw. um die Marktprämie zu erhalten, müssen im Vergleich zur regulären Einspeisevergütung verschiedene zusätzliche gesetzliche Pflichten erfüllt werden. So darf für den direkt vermarkteten Strom kein vermiedenes Netzentgelt nach der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) in Anspruch genommen werden und der direkt vermarktete Strom muss in einem Bilanz- oder Unterbilanzkreis bilanziert werden, in dem nur Strom aus erneuerbaren Energien bilanziert wird, der ebenfalls im Marktprämienmodell direkt vermarktet wird. Zudem muss die Anlage fernsteuerbar sein. In der Praxis wird diese Fernsteuerung – sofern nicht der Anlagenbetreiber selbst den Strom direkt vermarktet – meist dadurch hergestellt, dass der Direktvermarkter beim Anlagenbetreiber eine entsprechende Fernsteuerungstechnik installiert.
Der Direktvermarktungsvertrag – Was ist zu beachten?
Der erste Schritt in die Direktvermarktung ist in aller Regel der Abschluss eines entsprechenden Direktvermarktungsvertrages. Dieser Direktvermarktungsvertrag regelt die wesentlichen Eckpunkte des Stromlieferverhältnisses zwischen Anlagenbetreiber und Direktvermarkter. Daneben sollte vor allem auch eindeutig festgelegt sein, wer konkret zur Erfüllung welcher aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) folgenden Pflichten verpflichtet ist, da bei einem Verstoß gegen diese Pflichten der Vergütungsanspruch entfallen kann und somit ein erhebliches Schadenspotential besteht. Weiterhin sollte transparent und fair geregelt sein, wie die zusätzlichen Vermarktungserlöse zwischen den Vertragspartnern aufgeteilt werden. Bei steuerbaren Energieträgern und eventuell in der Zukunft auch bei Solaranlagen und Windenergieanlagen können zudem Vereinbarungen über eine flexible Stromvermarktung oder die Bereitstellung von Regelenergie getroffen werden.
Insgesamt handelt es sich bei dem Direktvermarktungsvertrag aus rechtlicher Sicht um ein komplexes Vertragskonstrukt und es werden von verschiedenen Direktvermarktungsunternehmern unterschiedliche Vermarktungsmodelle angeboten. Aus unserer Sicht empfiehlt es sich deshalb in jedem Fall, vor Abschluss eines Direktvermarktungsvertrages mehrere Angebote einzuholen. Ein in die engere Auswahl kommender Direktvermarktungsvertrag sollte vor Unterschrift zudem von einem Rechtsanwalt geprüft werden.
Bei kleineren Erneuerbare-Energien-Anlagen kann es auch sinnvoll sein, sich mit anderen Anlagenbetreibern zusammenzuschließen und den gesamten Anlagenpool im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens anzubieten. So können auch Betreiber kleinerer Erneuerbare-Energien-Anlagen von den oftmals wirtschaftlich attraktiveren Angeboten für große Anlagen profitieren.
Fahrplanoptimierung und Flexibilitätsprämie
Betreiber flexibel steuerbarer Anlagen, wie insbesondere Biogasanlagen, können darüber hinaus durch eine marktorientierte Anlagenfahrweise über den durchschnittlichen Börsenpreis hinausgehende Vermarktungserlöse und somit weitere Zusatzerlöse erzielen. Für einen solchen flexiblen Anlagenbetrieb müssen im Regelfall aber zuerst einmal die technischen Voraussetzungen geschaffen werden. Beispielsweise müssen gegebenenfalls ein Gasspeicher errichtet oder zusätzliche BHKW-Kapazität installiert werden. Diese Investitionen in zusätzliche Leistung für eine flexible bedarfsorientierte Stromerzeugung werden bei Biogas-Bestandsanlagen die Flexibilitätsprämie gesondert gefördert. Diese Förderung läuft allerdings aus, sobald das vom Gesetzgeber vorgegebene Ziel eines Zubaus von 1.350 MW flexibler Leistung erreicht ist.
Regelenergie – Minutenreserve und Sekundärregelleistung
Ein Wechsel in die Direktvermarktung eröffnet die zusätzliche Möglichkeit, am Markt für Regelenergie teilzunehmen und Regelenergie bereitzustellen. Derzeit gibt es drei Märkte für Regelenergie: den Markt für Primär- und Sekundärregelleistung und den Minutenreservemarkt. Aus Sicht des Anlagenbetreibers unterscheiden sich die verschiedenen Märkte für Regelenergie im Wesentlichen darin, wie schnell ein Anlagenbetreiber auf einen Abruf reagieren muss. An den Märkten für Sekundärregelenergie und Minutenreserve nehmen die ersten Biogasanlagenpools bereits seit 2012 teil.
Grundsätzlich kann dabei sowohl positive als auch negative Regelenergie vermarktet werden. In Anbetracht der im Rahmen der Direktvermarktung erfolgenden Förderung der Stromproduktion über die Marktprämie ist die Teilnahme am Markt für negative Regelenergie dabei wohl die in wirtschaftlicher Hinsicht naheliegendere Variante.
Voraussetzung für eine Teilnahme am Regelenergiemarkt ist zunächst eine bestimmte Anlagengröße und eine erfolgreiche Teilnahme am sogenannten Präqualifikationsverfahren. Da Erneuerbare-Energien-Anlagen die vorgegebene Anlagengröße in aller Regel nicht allein erreichen, schließen sich diese zu sogenannten virtuellen Kraftwerken zusammen.
Am Regelenergiemarkt wird dann der gesamte Kraftwerkspool angeboten. Erhält der Kraftwerkspool bei der Regelenergieausschreibung einen Zuschlag, muss jeder Anlagenbetreiber seine Anlage vom regelverantwortlichen Netzbetreiber abregeln lassen, wenn Gründe der Systemstabilität dies erfordern. Für diese Bereitschaft erhält der Anlagenbetreiber ein sogenanntes Leistungsentgelt. Wird eine Anlage tatsächlich abgeregelt, erhält er zudem ein sogenanntes Arbeitsentgelt.
Grünstromvermarktung und regionale Grünstromkennzeichnung
Weiterhin kann der von Erneuerbare-Energien-Anlagen erzeugte Strom auch direkt an Letztverbraucher als Grünstrom vermarktet werden. Dies macht es allerdings erforderlich, dass die entsprechende Anlage im Herkunftsnachweisregister beim Umweltbundesamt registriert ist und für den Strom entsprechende Herkunftsnachweise erstellt bzw. entwertet werden. Weiterhin darf für den entsprechend gekennzeichneten Strom daneben keine Förderung nach dem EEG in Anspruch genommen werden.
Neu eingeführt wurde mit dem EEG 2017 zudem im Rahmen der Direktvermarktung die Möglichkeit zur regionalen Grünstromkennzeichnung von Erneuerbare-Energien-Strom. So können Stromkunden künftig im Rahmen der Stromkennzeichnung explizit darüber informiert werden, wenn der von ihnen bezogene Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen in ihrer Region stammt. Die damit verbundene potenziell höhere Zahlungsbereitschaft der Letztverbraucher soll dadurch ausgeglichen werden, dass bei der Nutzung von entsprechenden Regionalnachweisen die gesetzliche Förderung um 0,1 Cent pro Kilowattstunde gekürzt wird.
Wir begleiten diese Marktintegration der Erneuerbaren Energien seit den Anfängen und verfügen so über umfassende Erfahrungen im Hinblick auf alle gängigen Vermarktungsmodelle. In den vergangenen Jahren haben wir zahlreichen Mandanten geholfen, auf die gesetzlichen Änderungen adäquat zu reagieren und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.